Aufforderung zum Tanz
Von André Dahlmeyer
Maradona ist viel größer, viel größer als Pelé ...« schmetterten die über 80.000 Zuschauer im Monumental-Stadion in Buenos Aires schon vor dem WM-Qualifikationsspiel am 26. März gegen Brasilien. Das konnten sie nur, weil sie Bakschisch hatten. Die Kurve kostete 100 Dollar, der teuerste Sitzplatz 500 Dollar. So geht Fußball, wenn man Weltmeister ist. Kann man gleich die AfD wählen. Scherz. Natürlich die Libertären. Rentner aushungern lassen, und wer von denen aufmuckt, kriegt eins auf die Fresse, jeden Mittwoch, man lebt nur einmal. Kettensägenrhetorik.
Kurz zuvor am Abend hatte der silberländische Fußballgott Marcelo Bielsa Argentinien als viertes Team für die Fußball-WM 2026 bei den Trumpisten qualifiziert (Gerüchten zufolge soll sich auch der Iran eingekauft haben). Uruguay kickte in der Höhe von El Alto (4.150 Meter) 0:0 gegen Gastgeber Bolivien. Normalerweise kicken die auf 3.625 Meter Höhe in La Paz, wollen aber auch mal wieder zu ’ner WM. Alles verständlich, aber trotzdem menschenfeindlich. Maradona fand so was gut, aber nur weil er Antiamerikaner war. In der Höhe hat er nur einmal minutenlang gekickt, dann konnte er nicht mehr. Ich bin zum Machu Picchu hochgelaufen und hab Kette geraucht. Mir ging keiner ab.
Bei Argentinien ist alles Rekord, auch ohne Messi, der sich in Miami mit Antonella und den Lausbuben im Pool suhlt. Von geplanten Tätowierungen des Che oder von Fidel ist nüscht bekannt. Wäre auch unklug. Als erstes südamerikanisches Land hat Argentinien in derselben WM-Quali in Uruguay und in Brasilien gewonnen. Als erstes überhaupt in der Geschichte in Brasilien. Hat die Copa América 2021 in der tiefsten Pandemie am Zuckerhut eingetütet. In Argentinien durfte man nicht mal trainieren, nur auf dem Balkon.
Nun kamen die rachsüchtigen Brasilianer nach Buenos Aires und hatten die Schnauzen so gestrichen voll, dass sie zuvor medial sabberten, salbaderten und andersweitig angaben, wie und auf welche schändliche Weise sie die Argentinier vor deren Heimpublikum in Stücke reißen und auf deren Gräber kotzen würden. Daraus wurde nichts. Nach zwanzig Jahren gewann Argentinien zu Hause wieder ein WM-Quali-Match gegen den Klassenfeind. Damals mit Pékerman als Trainer, heute mit dessen Schülern an der Kalklinie. Damals mit zwei Toren von Hernán Crespo (das erste nach drei Minuten), einem von Juan Román Riquelme. Heute eröffnete Julian Álvarez in Minute drei den Torreigen. Am Ende stand da ein 4:1, ein grandioser Tanz, so viele Tore hatte sich Brasilien in der WM-Quali noch nie eingefangen. Vamos Argentina, carajo!
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