Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 09.04.2025, Seite 2 / Kapital & Arbeit
Industriepolitik

Rumpffirma Continental

Bosse wollen Konzern final zerschlagen. Gegenwehr von Gewerkschaften
Von Oliver Rast
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Ein Konzern, der laut Vorstandsplan zu seinem Ursprungskern zurückkehren soll: Der Herstellung von Reifen

Eine nach der anderen – und noch eine Hiobsbotschaft für Industriearbeiter: Die Bosse von Continental wollen den Konzern final zerschlagen. Übrig bleiben soll »ein fokussiertes globales Reifenunternehmen«, ließ der Vorstand am Dienstag in Hannover verkünden. Gewerkschafter der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und der IG Metall (IGM) haben Gegenwehr angekündigt. Kurzentschlossen gleichentags.

Die »Verselbständigung des Unternehmensbereichs Contitech«, also der Kunststoff- und Kautschuksparte, folge dem Kurs der »Neuaufstellung«, so der Continental-Vorstand in seiner Mitteilung, vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien, etwa des Aufsichtsrats. Zuvor hatten die Vorstände beschlossen, den Automotivesektor auszugliedern, zu veräußern – Spin-off heißt das. Unter dem Strich würden »drei starke, unabhängige Champions« entstehen, meint Continental-Vorstandsboss Nikolai Setzer laut Mitteilung. Gewinner, »die ihr volles Wachstums- und Wertschaffungspotential als selbständige Unternehmen entfalten werden«.

Aussagen, die Gewerkschafter in Rage bringen. Die Kapitalseite treibe mit ihren Plänen »den seit Jahren grassierenden Zerschlagungswahn auf die Spitze«, erklärte Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden IG-BCE-Hauptvorstands und des Continental-Aufsichtsrats, am Dienstag. Ein Vorhaben, das auf entschiedenen Widerstand treffen werde – denn es könne nicht sein, dass sich die Eigentümer von Jahr zu Jahr eine höhere Dividende genehmigten und das Unternehmen ausbluten ließen. Grioli fordert eine langfristige Beschäftigungs- und Standortsicherung sowie eine Investitionsoffensive für Contitech. Ohne jene gebe es keine zustimmenden Gespräche im Aufsichtsrat über eine etwaige weitere Abspaltung.

Verärgert ist gleichfalls Hasan Allak. »Die Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze werden endgültig zur reinen Verfügungsmasse von Profitmaximierern degradiert«, betonte der Continental-Aufsichtsrat und Vorsitzende des Konzernbetriebsrats am Dienstag in einer Stellungnahme. Und die IGM-Chefin Christiane Benner bemerkte, dass auch die Metallerinnen und Metaller bei Contitech nicht auf der Strecke bleiben dürften.

Kurzum, sollten die Bosse mit ihren Plänen durchkommen, würden die »düstersten Szenarien Realität«, befürchtet Allak: Continental als Rumpffirma.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (9. April 2025 um 12:10 Uhr)
    Meine Empfehlung an die Industriegewerkschaften: Nehmt wieder das Thema »antagonistischer Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital« in die Lehrpläne von Gewerkschaftslehrgängen auf. Und schickt die leitenden FunktionärInnen auf Lehrgänge, in denen sie lernen, dass der oder die Aufsichtsratsvorsitzende bei Stimmengleichheit zwei Stimmen hat und wie viele GewerkschafterInnen Aufsichtsratsvorsitzende sind. Welchen Eindruck Drohungen wie: »Ohne jene gebe es keine zustimmenden Gespräche im Aufsichtsrat über eine etwaige weitere Abspaltung« auf die Kapitaleigner machen, könnten sie sich dann selber ableiten.

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