Dein roter Faden in wirren Zeiten
Gegründet 1947 Dienstag, 15. April 2025, Nr. 89
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Dein roter Faden in wirren Zeiten Dein roter Faden in wirren Zeiten
Dein roter Faden in wirren Zeiten
Aus: Ausgabe vom 14.04.2025, Seite 16 / Sport
Schach

Ein Husarenstück

Die Serbin Teodora Injac deklassiert bei der Schacheuropameisterschaft der Frauen auf Rhodos das Feld
Von Sören Bär
Konnte irgendwann die Konkurrenz nur noch mit einem Fernglas ausmachen: Europameisterin Teodora Injac
Der Kulminationspunkt: Teodora Injac eliminiert mit dem Qualitätsopfer 20.Txd7! den Hauptverteidiger der schwarzen Stellung

Die 24jährige Serbin Teodora Injac war bereits vor dem finalen Durchgang der Schacheuropameisterschaft der Frauen (31.3. bis 10.4.2025) auf Rhodos nicht mehr vom Spitzenplatz zu verdrängen. Mit phänomenalen neun Punkten aus zehn Partien konnte sie bei eineinhalb Zählern Vorsprung die Konkurrenz nur noch mit einem Fernglas ausmachen. Die Arbeit war getan. Injac gab ihre Schlussrundenpartie gegen Aleksandra Malcewska (Polen) nach nur neun Zügen remis – ihr einziges Unentschieden im elfrundigen Turnier überhaupt. Mit 9,5 Punkten sicherte sie sich überlegen Gold. Irina Bulmaga und Mai Narva einigten sich auf ein 13zügiges Remis und wurden dafür bei jeweils acht Zählern mit Silber und Bronze belohnt. Die punktgleiche Malcewska musste mit der Holzplakette vorliebnehmen, konnte sich aber immerhin über die sichere Weltcupqualifikation freuen.

Dabei begann die EM wenig verheißungsvoll für die dreifache serbische Landesmeisterin Injac. In ihrer Auftaktpartie gegen Anastasia Kirtadze (Georgien) ließ sie mit einem glänzenden Damenopfer schon das Jagdhorn zum Halali ertönen, verwechselte aber vor der Zeitkontrolle fatalerweise die Züge. Statt den weißen Monarchen zweizügig matt zu setzen, landete sie in einem verlorenen Turmendspiel. Von diesem »Schweizer Gambit« zusätzlich angestachelt, startete die Belgraderin einen Siegeszug, der seinesgleichen sucht. Ihr Selbstvertrauen erlangte sie mit einem schönen Gewinn gegen die Portugiesin Ana Ines Teixeira Da Silva zurück. Injac wagte in allen Partien verschiedene Eröffnungssysteme und schlug damit eine Kontrahentin nach der anderen. Nach neun Runden hatte sie sich mit acht Zählern die Tabellenführung einen halben Punkt vor Bulmaga erkämpft und damit das Feld komplett aufgerollt. In der turnierentscheidenden Partie griff Bulmaga als Weiße in einer Spanischen Partie aggressiv an, doch Injac parierte die Attacke. Nach ihrem Gegenangriff glich Bulmagas Position einer Ruine. Mit phänomenalen neun Siegen en suite hätte Frauengroßmeisterin Injac auch eine GM-Norm der Männer erfüllt, wenn ihr nicht eine einzige GM-Gegnerin fehlen würde: Bei ihrem Husarenritt schlug sie »nur« zwei GM und vier IM. Es bleibt abzuwarten, ob der Weltverband die Kontinentalmeisterschaft dennoch mit dem GM-Titel versüßt.

Die vier deutschen Teilnehmerinnen hatten mit der Vergabe der zehn Weltcupplätze nichts zu tun. In den letzten beiden Runden ruinierten drei von ihnen ihre Bilanz vollends. Lediglich Jana Schneider gewann ihre Schlussrundenbegegnung und sprang mit 6,5 Punkten auf Platz 35. Für die an fünf gesetzte Dinara Wagner endete die EM desaströs. Sie verlor ihre letzte Partie, endete bei 5,5 Punkten, fiel auf Platz 64 und in der deutschen Rangliste wieder hinter Elisabeth Pähtz zurück. In den letzten beiden Partien sogar doppelt zur Schlachtbank geführt wurden Fiona Sieber – mit 5,5 Zählern final auf dem 60. Platz – und Josefine Heinemann, die über ihre fünf Punkte und Rang 78 sicher gern den Mantel des Schweigens hüllen würde.

Teodora Injac (Serbien) – Ana Ines Teixara Da Silva (Portugal)

Fraueneuropameisterschaft, Rhodos, Runde 2, 1. April 2025 – Anti-Slawisch

1.c4 e6 2.Sc3 d5 3.e3 Sf6 4.Sf3 a6 5.b3 Ld6 6.Lb2 (Gegen den slawischen Aufbau der Nachziehenden stellt Weiß d4 zunächst zurück, um den Lb2 über die lange Diagonale bedrohlich auf g7 schauen zu lassen.) 6…Sbd7 7.Dc2 0-0 8.Tg1! (Nachdem Schwarz kurz rochiert hat, bläst Weiß zum Königsangriff.) 8…dxc4 9.bxc4 e5? (Die Portugiesin musste mit 9…b5! unverzüglich Gegenspiel am Damenflügel einleiten. Nach 10.cxb5 ist 10…Lb7! interessant, um zunächst 11.g4 zu verhindern und im Falle von 11.bxa6 mit 11…Txa6! 12.Lxa6 Lxa6 die Qualität für gute Kompensation zu opfern. Insbesondere d3 wäre chronisch schwach.) 10.g4! Te8? (10…b5) 11.g5! Sh5 12.Le2 g6 13.0-0-0! b5 (Zu spät, Weiß hat schon deutlichen Vorteil.) 14.d4! (Gutes Timing!) 14…bxc4 (14…b4 15.Se4 exd4 16.Txd4 +/-) 15.dxe5 Lc5 (15…Sxe5 16.Sxe5 Txe5 17.Lxh5 gxh5 18.Sd5! Txg5 19.Dc3! f6 20.Sxf6 +- wäre verheerend.) 16.Lxc4! +- Lb7 17.Se4 (Hier verfügte Injac mit 17.e6! fxe6 18.Db3 oder 17.Lxf7+! Kxf7 18.Db3+ Kf8 19.Dxb7 über weitere verheißungsvolle Alternativen.) 17…Lxe4 18.Dxe4 De7 19.e6! (19.Txd7! Dxd7 20.e6! wäre nur Zugumstellung.) 19…fxe6 20.Txd7! (Injac eliminiert krachend den Hauptverteidiger der schwarzen Position.) 20…Dxd7 21.De5! (Es droht sowohl 22.Dh8+ Kf7 23.Se5+ Ke7 24.Dxh7+ Kd8/Kd6 25.Dxd7# als auch 21.Dxc5.) 21…Lxe3+ 22.fxe3 Sg7 23.Td1! Df7 24.Sd4 Tab8 25.Tf1! Dd7 26.Sxe6! Sxe6 27.Lxe6+ (27…Sxe6 28.Dh8# und 27…Dxe6 28.Dxg7# führen zum Matt.) 1:0.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.