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Aus: Ausgabe vom 16.04.2025, Seite 1 / Inland
Regierungsbildung

Alles für die »Sache«

CDU-Generalsekretär Linnemann will nicht Wirtschaftsminister werden
Von Nico Popp
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Im Anmarsch: Carsten Linnemann auf dem Weg zu den Koalitionsverhandlungen (Berlin, 7.4.2025)

Er galt seit Wochen als gesetzt für das Amt des Bundeswirtschaftsministers in der Regierung Merz, hat sich nun aber – dem Vernehmen nach aus gänzlich eigenem Entschluss – aus dem Spiel genommen: Carsten Linnemann bleibt CDU-Generalsekretär. Das verbreitete am Dienstag zuerst Bild. Dem in der Rubrik Klatsch und Tratsch aus dem Konrad-Adenauer-Haus gewöhnlich verlässlichen, weil eng angebundenen Blatt zufolge hat Merz Linnemann vor einiger Zeit gesagt, er könne als Minister in die Regierung wechseln oder Generalsekretär bleiben. Linnemann habe sich nach »reiflicher Überlegung« gegen das Ministeramt entschieden. Bild verriet er »exklusiv«, ihm gehe es immer um »die Sache«. Er wolle weiter daran arbeiten, »unsere CDU wieder aufzubauen«. Auf der Plattform X erklärte Linnemann, er könne als Generalsekretär »besser den Politikwechsel forcieren«.

Wenn die Geschichte so stimmt, dann darf man unterstellen, dass die Bekanntgabe am ersten Tag des SPD-Mitgliederentscheids zum Koalitionsvertrag kein Zufall ist: Jüngste Äußerungen legen nahe, dass der Ausgang des Mitgliedervotums in den Parteiführungen von SPD und Union als durchaus unsicher betrachtet wird. Der publikumswirksame »Verzicht« des neoliberalen Scharfmachers Linnemann könnte bei gar nicht wenigen SPD-Mitgliedern ein Argument für das Zustandekommen dieser Regierung sein. Und auch der 47jährige, der von 2013 bis 2021 Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion war, punktet bei seiner Klientel, der er vermittelt, auch dann nicht zu Kompromissen in der »Sache« bereit zu sein, wenn ein Ministersessel winkt.

Linnemann ist seit Juli 2023 Generalsekretär der CDU. Er löste damals auf Betreiben von Merz den (inzwischen auch als Bundestagsabgeordneten ausgebooteten) Mario Czaja ab, der in der CDU-eigenen Strömungslogik als Mann des »Arbeitnehmerflügels« galt. Linnemann, der seine berufliche Laufbahn als Assistent von Norbert Walter – ehedem Chefvolkswirt der Deutschen Bank und eines der Gesichter der neoliberalen Offensive um die Jahrhundertwende – begann, gehört zum »Wirtschaftsflügel«.

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