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Aus: Ausgabe vom 16.04.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Zollkrieg

Weiteres US-Abkommen fällt

US-Handelsministerium erhebt mehr als 20prozentige Zölle auf Einfuhren von Tomaten aus Mexiko. Dortige Bauern dürfte das schwer treffen
Von David Maiwald
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Mit dem Abkommen hatten die USA von einer Antidumpinguntersuchung gegen Mexiko abgesehen

Tomaten aus Mexiko sollen bei Einfuhr in die USA künftig mit knapp 21 Prozent zusätzlich verzollt werden. Die Regierung kündigte ein in der ersten Amtszeit Trumps im Jahr 2019 ausgehandeltes Agrarabkommen mit mexikanischen Tomatenbauern. Vor diesem Abkommen hatte die US-Regierung mit einer Antidumpinguntersuchung gedroht und höhere Zölle angekündigt. Das US-Handelsministerium erklärte am Montag (Ortszeit), durch diese Vereinbarung sei es jedoch »nicht gelungen, die US-Tomatenproduzenten vor unfairen mexikanischen Importen zu schützen«. Durch die in den nächsten 90 Tagen erhöhten Zölle könnten sie demnach nun wieder »fair auf dem Markt konkurrieren«.

Das ursprüngliche Agrarabkommen habe die »schädlichen Auswirkungen unfairer Preise für mexikanische Tomaten« vollständig beseitigt, hatte das Handelsministerium noch 2019 mitgeteilt. Mit der Vereinbarung, die es der Behörde gestattete, je Quartal bis zu 80 mexikanische Produzenten zu überprüfen, habe man »im wesentlichen jegliches Dumping beseitigt«, zitierte die spanischsprachige CNN am Montag. »Preisunterdrückung und Preisunterbietung« seien durch das Abkommen verhindert worden. Von dieser Auffassung hat man sich offenbar verabschiedet. Der Trump-Administration sei vor allem an der »strikten Durchsetzung des US-Handelsrechts« gelegen, teilte die Behörde mit.

Mexiko exportiert mit einem jährlichen Handelsvolumen von 2,8 Milliarden US-Dollar die meisten Tomaten in die Vereinigten Staaten. Das Handelsministerium sei jedoch mit Forderungen nach einer Kündigung des Agrarabkommens »überschwemmt« worden, teilte die US-Behörde am Montag weiter mit. Ab dem 14. Juli solle der sogenannte Antidumpingzoll schließlich in Kraft gesetzt und die Abgabe von 20,91 Prozent auf die meisten Tomatenimporte aus Mexiko wirksam werden.

Die USA importieren nahezu die gesamte Tomatenausfuhr Mexikos. Die Entscheidung werde daher »erhebliche Auswirkungen« auf die Produzenten im nördlichen und westlichen Teil des Nachbarlandes haben, berichtete der mexikanische Sender UnoTV am Montag. Die Bauern würden ihre Preise nun anpassen oder die Zollkosten übernehmen müssen, um weiter am US-Markt bestehen zu können.

Unternehmen, die ihre Produkte auf dem US-Markt unterhalb der dortigen Produktionskosten »oder unter den Preisen auf ihren Heimatmärkten« anbieten, würden mit sogenannten Antidumpingzöllen belegt, erklärte das US-Handelsministerium am Montag. Die Behörde verantworte aktuell 734 laufende Antidumping- und Ausgleichszollverordnungen, die »von unfairem Handel betroffenen Unternehmen und Branchen Erleichterung verschaffen«. Sie dienten »Unternehmen und Beschäftigten« als Mechanismus, »um sich von den schädlichen Auswirkungen unfairer Preise für Importe in die Vereinigten Staaten zu befreien«.

Das bedeutet im Kern offenbar, nach Belieben bestehende Abkommen aufzukündigen. Die anfänglich gegen Mexiko angekündigten Zollanhebungen von 25 Prozent hatte Trump Anfang März mit Verweis auf das bestehende Freihandelsabkommen USMCA ausgesetzt. Das von seiner Regierung selbst ausgehandelte Abkommen mit den Nachbarstaaten Mexiko und Kanada ist nun offen gebrochen: Auf die Exporte der im südlichen Nachbarland angesiedelten Automobilindustrie muss weiter ein 25prozentigen Aufschlag gezahlt werden. Im kommenden Jahr hätte USMCA neu verhandelt werden sollen. Ob sich die USA an irgendeine internationale Vereinbarung gebunden fühlen, ist angesichts des Zollchaos der Regierung völlig offen.

Der Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Christopher Waller bezeichnete die Auswirkungen der Zollpolitik in einer Rede am Montag als »höchst ungewiss«. Auch Prognosen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung seien »höchst unsicher«. Das dürfte auch für die mexikanischen Tomatenbauern gelten. Wenn sich das Oval Office nicht zufällig wieder umentscheiden sollte.

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