Immer eine Antwort
Von Robert Kemps
Ty trifft und trifft und trifft: Eishockeystürmer Ty Ronning vom amtierenden Meister und erneuten DEL-Finalisten Eisbären Berlin ist derzeit rekordträchtig unterwegs. Läuft auf dem Eis buchstäblich heiß. Das letzte Halbfinale gegen den Erzrivalen, die Adler Mannheim, war zugleich das 23. Spiel in Folge, in dem der gebürtige Kanadier punktete, also Tore schoss oder Torvorlagen gab. Der bisherige Rekord einer solchen »Streak« genannten Serie war von Peter Draisaitl – dem tschechisch-deutschen Vater von NHL-Star Leon Draisaitl – in der allerersten DEL-Saison 1994/1995 erreicht worden, mit damals 21 Scorer-Spielen am Stück. Sein Rekord hielt immerhin 30 Jahre. Bis jetzt.
Beim abschließenden 6:2-Auswärtssieg in Mannheim am 8. April war der 27jährige Ronning mal wieder an vier Eisbären-Toren beteiligt – eines davon erzielte er selbst. Der rechte Flügelangreifer ist das Glanzstück der derzeitigen Berliner Paradesturmreihe, in der auch der DEL-Spieler des Jahres, Leo Pföderl, sowie Freddy Tiffels, beide langjährige deutsche Auswahlakteure, ihre Gegner in diesen Wochen schwindlig spielen. Pföderl räumte ein, er habe vorher nicht geglaubt, dass man als Vorrundenzweiter gegen die wiedererstarkten Adler (als Hauptrundenvierte) glatt mit vier Siegen, einem »Sweep« wie beim Fegen also, »durchmarschieren« werde. Er ergänzte mit Gruß und Dank an seine beiden Sturmkollegen: »In meiner Reihe zu spielen, das ist überragend.«
Die Adler Mannheim hatten Berichten zufolge einmal mehr den größten Etat der Liga, waren aber zuletzt 2019 Meister. Geld allein schießt also auch im Eishockey nicht alle Tore, zumindest nicht direkt. Natürlich sind auch die Eisbären kein Low-Budget-Team, doch Adler-Coach Dallas Eakins musste mit Blick auf sein Team einräumen: »Die Qualität war schon vorhanden, aber Berlin fand immer eine Antwort.« Für den langjährigen DEL-Rekordmeister Mannheim (sieben Titel) hat sich der aktuelle Rekordchampion Berlin (zehn Siege) zum Angstgegner entwickelt: Schon seit 23 Jahren haben die Eisbären keine Playoffserie mehr gegen die Adler verloren. Aktuell stehen zudem zwölf Siege in Folge für Berlin zu Buche – wobei viele dieser Spiele sehr enge und vor allem hart umkämpfte Partien waren. Auf dem Eis und nicht zuletzt auf den Rängen. Man kennt sich, und man mag sich nicht.
In der DEL-Hauptrunde von September bis März war es für die erneut hoch gehandelten Teams aus Bremerhaven (3.), München (5.) und Straubing (7.) zwar nicht perfekt, aber immerhin ganz ordentlich gelaufen. Für alle drei Teams, die Münchener zumal mit nagelneuer Halle, war allerdings bereits im Viertelfinale Schluss mit lustig: Die Pinguine von der Nordsee wurden von den Kölner Haien gefressen (2:4), die »Roten Bullen« aus München fielen den Adlern aus Mannheim zum Opfer (ebenfalls mit 2:4), und den Tigers aus Niederbayern gelang in der 1:4-Serie gegen eisbärenstarke Berliner immerhin ein Sieg, und der sogar auswärts, wo die heimischen Fans gerne singen: »Wir sind eure Hauptstadt, ihr Bauern (aus Straubingen)!«
Im Niemandsland der Tabelle boten diesmal die Ice Tigers aus Nürnberg eine gute Saison. Als Hauptrundenachter lieferten sie den Panthern aus Ingolstadt, immerhin Sieger der regulären Saison, im Viertelfinale einen bemerkenswerten Kampf: Schließlich siegten die favorisierten »Schanzer« aus der Audi-Stadt nach sechs oft engen Partien doch noch, unterm Strich mit 4:2.
So waren die Panther aus Ingolstadt und die Haie aus Köln also ins andere Halbfinale gelangt. Das Duell wurde zu einem extrem engen. Nach vier Partien hatten die Domstädter überraschenderweise sogar erstmals Match-Puck, doch die »Ingos« wussten diesen abzuwehren: Die fünfte Partie endete in Ingolstadt mit 3:0 für die Gastgeber, womit man in der Serie auf 2:3 verkürzt hatte.
Spiel sechs der Serie gewannen die Haie dann am Montag abend mit 3:2. Justin Schütz sorgte in der zehnten Minute der Overtime für den Siegtreffer, nachdem es nach der regulären Spielzeit 2:2 (2:1, 0:0, 0:0) gestanden hatte. Die Haie stehen damit nach elf Jahren erstmalig wieder im Finale. Das erste Spiel der Finalserie findet am 17. April in Berlin statt.
Auf dem letzten Platz war nach den 52 Spielen der Hauptrunde keiner der üblichen Verdächtigen gelandet, sondern – nach einem harten Ringen bis zum letzten Spieltag mit den im Abstiegskampf seit Ewigkeiten gestählten Augsburgern – die traditionsreiche Düsseldorfer Eislaufgemeinschaft, die DEG. Nun hofft man beim Team um Kapitän und Eishockeylegende Philip Gogulla, geboren 1987 natürlich in Düsseldorf, dass man trotz des sportlichen Abstieges nicht eine Etage tiefer muss. Und drückt deshalb Ravensburg die Daumen. Warum das? Im deutschen Eishockey kann überhaupt nur aufsteigen, wer bereits vor Beginn der jeweiligen Saison eine Lizenz für das Oberhaus beantragt und dann auch bekommen hatte. Im Finale der zweiten Liga stehen sich ebenfalls ab Gründonnerstag Ravensburg (die »Towerstars« als Hauptrundendritter) und Dresden (die »Eislöwen«, Vierter) in einer »Best-of-Seven«-Finalserie gegenüber. Die beiden Hauptrundenbesten, die DEL-erfahrenen Kassel Huskies und Krefeld Pinguine, haben damit erneut den möglichen Wiederaufstieg verpasst.
So geht es nun weiter: Die Dresdener, die ihren ersten Finaleinzug überhaupt feiern durften, haben die Lizenz zum Aufsteigen. Finalgegner Ravensburg hingegen nicht. Daher hofft man nun zu möglichst guter Letzt in Düsseldorf, dass Dresden jetzt bitteschön in der Endspielserie ausrutschen möge, damit man selber doch noch durch die Hintertür die Oberklasse hält. Was man in Dresden naturgemäß anders sieht – und lieber eiskalt aufsteigen möchte.
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