Erhöhen, notfalls per Gesetz
Von Niki Uhlmann
Die SPD drohe mit Gesetz, titelten am Mittwoch allerhand, offenbar an Armut interessierte Medien. Sollte die Mindestlohnkommission (MLK) nicht 15 Euro empfehlen, würde man »gesetzgeberisch tätig«, hatte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wenige Stunden zuvor im Interview mit Table Media angekündigt. Christiane Schönefeld, Kommissionsvorsitzende und Miturheberin von Hartz IV, gab laut »Tagesschau« schlicht zu Protokoll, dass die MLK »bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen« unterliege. Neu wäre ein solches Gesetz jedenfalls nicht: 2022 hatte die Ampel den Mindestlohn außerplanmäßig auf zwölf Euro erhöht.
Die Union bleibt derweil ihrem Neoliberalismus und ihren Geldgebern treu: Sie mauert. »Politische Mindestlöhne« per Bundestagsbeschluss seien »ausgeschlossen worden«, konterte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gegenüber der Mediengruppe Bayern. CDU-Kanzler in spe Friedrich Merz hatte in der Bild bereits vorvergangene Woche gezweifelt, ob 15 Euro Mindestlohn nicht doch erst 2027 möglich wären.
Kaum war der Koalitionsvertrag veröffentlicht, entbrannte unter den Koalitionären Streit um dessen Auslegung. Sicher sind bislang nur Steuergeschenke – vor allem für Reiche – und Einschnitte im Sozialstaat. Jüngster Spaltpilz ist der Mindestlohn. Vorgesehen ist eine Orientierung an der EU-Richtlinie, wonach der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des Bruttomedianlohns betragen muss. Im Wortlaut: »Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.«
Erst vergangenen Sonntag berichtete die Bild, dass 62 Prozent »der Deutschen« für diese Mindestlohnerhöhung ab dem 1. Januar 2026 seien. Nur 28 Prozent seien dagegen. Um die Leser wieder einzufangen, wurde ergänzend der Chef des Taxi- und Mietwagenverbands zitiert: »Wenn die Union beim Mindestlohn umfällt, hat sie jede Glaubwürdigkeit in der Wirtschaft verloren.« Die Union will sich zwischen Kapital- und Wählergunst aber nicht entscheiden und pocht daher auf bürokratischen Formalismus: Die MLK soll entscheiden.
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