Waffen für die Welt
Von Philip Tassev
Die weltweiten Militärausgaben kennen seit rund zehn Jahren nur eine Richtung: aufwärts! 2.718 Milliarden US-Dollar haben die Staaten der Erde im vergangenen Jahr für Rüstungsgüter ausgegeben – eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 9,4 Prozent, wie aus Zahlen hervorgeht, die das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) am Montag vorgelegt hat. Auf die 15 Staaten mit den höchsten Ausgaben entfallen davon 2.185 Milliarden US-Dollar. Das ist dem schwedischen Institut zufolge der stärkste Anstieg seit mindestens 1988.
Ein zentraler Antreiber dieser Entwicklung sind die Länder des europäischen Kontinents: Die Militärausgaben der dortigen Staaten stiegen 2024 auf 693 Milliarden US-Dollar. Das ist eine Steigerung um 17 Prozent gegenüber 2023 und um 83 Prozent gegenüber 2015. Ganz vorne mit dabei ist die BRD, deren Rüstungsausgaben 2024 das dritte Jahr in Folge stiegen – auf 88,5 Milliarden US-Dollar. Verglichen mit 2023 ist das ein Anstieg um überdurchschnittliche 28 Prozent und sogar um 89 Prozent, nimmt man das Jahr 2015 als Ausgangspunkt. Die BRD ist dadurch hinter den USA, China und Russland und noch vor Indien zum Staat mit den vierthöchsten Rüstungsausgaben weltweit geworden.
Die BRD habe damit auch zum ersten Mal seit der »Wiedervereinigung« die höchsten Militärausgaben Westeuropas, was auf das 2022 verkündete »Sondervermögen« in Höhe von 100 Milliarden Euro zurückzuführen sei, kommentierte Lorenzo Scarazzato, Forscher beim SIPRI-Programm für Militärausgaben und Rüstungsproduktion, die Zahlen. Die aktuelle Politik der BRD und vieler anderer europäischer Länder deute darauf hin, »dass Europa in eine Periode hoher und steigender Militärausgaben eingetreten ist, die wahrscheinlich in absehbarer Zukunft anhalten wird«. Insgesamt gaben 2024 alle 32 NATO-Staaten 1.506 Milliarden US-Dollar für ihr Militär aus und sind damit für 55 Prozent der globalen Rüstungsausgaben verantwortlich. Davon entfallen 997 Milliarden auf die weltweit größte Militärmacht USA und 454 Milliarden US-Dollar auf die europäischen NATO-Mitgliedstaaten. Im Durchschnitt stiegen die NATO-Rüstungsausgaben im Vergleich zu 2023 um 16 Prozent, von einem Plus von 0,4 Prozent in Spanien bis zu einem Plus von 43 Prozent in Rumänien. Damit erfüllten im vergangenen Jahr 18 der 32 NATO-Staaten die Vorgabe, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben – 2023 waren das noch elf Staaten. Die durchschnittlichen Rüstungsausgaben der NATO-Mitglieder lagen 2024 mit 2,2 Prozent ebenfalls über der Zwei-Prozent-Marke, wobei die Bandbreite von einem Prozent in Luxemburg bis 4,2 Prozent in Polen reicht.
Diese beschleunigte Militarisierung insbesondere Europas nannte Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin der Linkspartei im EU-Parlament, am Montag »den puren Wahnsinn«. Die Rüstungsmilliarden würden »auf Kosten von Mensch und Natur« gehen und die Welt immer unsicherer machen. Die SIPRI-Zahlen seien alarmierend, aber noch lange nicht »das Ende der Fahnenstange«, da die europäischen Militärausgaben in den kommenden Jahren noch weiter steigen werden. Es soll also »noch einmal kräftig draufgesattelt werden – und das, obwohl das Institut die Militärausgaben Russlands für 2024 ›nur‹ auf 149 Milliarden Dollar beziffert«, kritisiert die Politikerin. Da gebe es nur eine Schlussfolgerung: »Diese Ausgabenspirale ist völlig außer Rand und Band!«
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