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Aus: Ausgabe vom 14.02.2006, Seite 13 / Feuilleton

Liebe Kunst

Seit Beginn der Berlinale fahre ich schon zum dritten Mal zum Potsdamer Platz. Ich kenne mich hier schon ganz gut aus. Ich habe den Mitarbeitern der DB AG in ihrem Glashochhaus gewinkt. Sie haben mich nicht bemerkt. Auf der Potsdamer Straße stinkt der Rindenmulch, der tonnenweise extra für die Berlinale aufgetragen wurde. Die Fußgängerampel ist so geschaltet, daß man garantiert nicht sofort über die Straße gehen kann. Phaeton-Limousinen »holen die Stars ab«, (Eigenwerbung), z. B. aus dem Ritz-Carlton. Ich überhole sie zu Fuß, weil sie im Stau stehen.

Jemand erzählt mir, daß die Gebäude am Potsdamer Platz zu etwa drei Vierteln leerstünden. Einzige Ausnahme sei das große Backsteingebäude im New-York-Style. Und doch gibt es ein verstecktes Kunstwerk: »Hobbykeller« im Foyer des Arsenal-Kinos im Keller des Sony-Komplexes. Es stammt von Meggie Schneider und Steffen Seidel, und man kann sich reinsetzen. In Zusammenarbeit mit den »Kunstwerken« gibt es gemütliche Retro-Lounge-Räume mit Stullen, Tee, selbstgebackenem Kuchen und vor allem bequemen Sofa-Sessel-Möbeln. Kicker oder Tischtennis gehen auch. Hinter dem Tresen steht öfter die Schauspielerin und Tänzerin Ann-Marie von Löw. Hin und wieder legt sie auf dem tragbaren Plattenspieler gute Platten auf, spielt mit den Kindern oder saugt die Teppiche mit einem nichtelektrischen Leifheit-Staubsauger. Der hätte eine schöne Form und sei nicht so vorlaut wie ein Vorwerk-Staubsauger z. B., meint sie. Staub wirbele er auch nicht herum. Der Kontrast des »Hobbykellers« zur übrigen Architektur des Potsdamer Platzes sei beabsichtigt, sagt Meggie Schneider.

Stefan Valentin

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