Aus: Ausgabe vom 01.07.2006, Seite 16 / Aktion
Alarmstufe Rot!
Von Jonas Pohle
Alle Leserinnen und Leser dieser Zeitung haben mittlerweile ihren persönlichen Abogutschein erhalten. Die ersten sind unserer Bitte bereits nachgekommen und haben ihn an Bekannte mit ausdrücklicher Empfehlung weitergegeben. 176 Gutscheine wurden in dieser Woche bei uns eingereicht, insgesamt haben wir satte 2397 Testabos ausgeliefert. Diese Zahlen belegen unter anderem, daß das Interesse an der Tageszeitung junge Welt wächst. Auch im Einzelverkauf am Kiosk, bei den Internetzugriffen und der Aboauslieferung können wir seit Monaten Zuwächse vermelden. Und das, obwohl die junge Welt von den meisten anderen Medien durch Ignorieren bestraft wird. Selbst da, wo man sie als Quelle nutzt, wird sie nicht genannt. Beispielsweise beschäftigte sich der Spiegel mit einer wichtigen Rede Lafontaines in Berlin – die Zusatzinformation, daß er diese auf der von der jungen Welt veranstalteten Rosa-Luxemburg-Konferenz gehalten hatte, fehlte.
Obwohl, hier ändert sich gerade etwas. Die wachsende Aufmerksamkeit, die die junge Welt genießt, können die Medien eben nicht länger ignorieren. In einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur (25. April 2006) darf Frau Birthler die junge Welt als »übriggebliebenes Blättchen aus der DDR« und als »mediales Sprachrohr der alten Stasi-Obristen« beschimpfen. Ausgerechnet in der Ausgabe vom 8.Mai 2006 legt Hubertus Knabe, Leiter der »Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen«, in der Welt nach und bezeichnet die junge Welt in seinem Beitrag »Das Aufarbeitungskombinat« als »Zentralorgan unbelehrbarer DDR-Nostalgiker«. Weiter geht´s in der Juli-Ausgabe des eher konservativen Magazins Cicero: Hier nennt der einstige jW-Kollege Christoph Seils im Beitrag »Das Netzwerk« die junge Welt noch immer als »ehemaliges FDJ-Zentralorgan« und beschwert sich darüber, daß dort »das Netzwerk der alten Eliten« (gemeint sind natürlich schon wieder frühere MfS-Angehörige) ausführlich zu Wort käme.
Warum bleibt man dann aber nicht bei dem bewährten Abstrafen durch Ignorieren? Darüber klärt die Frankfurter Allgemeine Zeitung diese Woche in ihrem Beitrag »Hitlers williger Vollzieher?« vom 26. Juni 2006 auf. Zunächst traut sie sich, die junge Welt nicht als ehemaliges oder neues Zentralorgan, sondern schlicht als Quelle korrekt zu benennen. Und das sogar schon im zweiten Satz. Der Aufmacher einer Feuilletonseite der Zeitung beschäftigt sich ausführlich mit einem Beitrag der Theologin Uta Ranke-Heinemann für die Themaseiten der jungen Welt. Sie kommt darin zur Erkenntnis, daß der seliggesprochene Kardinal von Galen ein Antisemit, Kriegsfreund und Englandhasser gewesen sei. Nach vielen Zeilen, in denen der FAZ-Autor Rudolf Willenborg versucht, diese Ansicht zu widerlegen, kommt dann aber doch noch der antikommunistische Schlenker: Der junge-Welt-Artikel sei »von verschiedenen kommunistischen Blättern nachgedruckt und auch von kommunistischen Internetzeitungen übernommen« worden. Und deshalb könne man solche Positionen bzw. ihr Weitertragen auch nicht mehr durch Ingnorieren bestrafen, weil das Internet zum »zugänglichsten Fundus für historische und andere Tatsacheninformationen geworden« sei. Weshalb es nicht verwunderlich sei, »daß Lehrer in Referaten und Facharbeiten immer häufiger lesen können, der (...) Kardinal von Galen sei ein Englandhasser und Kriegstreiber gewesen.« Jetzt ist es raus: Was in der jungen Welt steht, geht in die Köpfe von Schülern und Studenten. Alarmstufe Rot!
Die junge Welt kann man nicht länger ignorieren, das hat jetzt auch der Spiegel herausgefunden. In seiner kommenden Ausgabe, erhältlich ab Sonntag, kommt die junge Welt jedenfalls vor. Beschäftigt sich das Hamburger Nachrichtenmagazin vielleicht damit, wie eine kleine linke unabhängige Zeitung auf dem kapitalistischen Zeitungsmarkt überlebt und sogar an Einfluß und Auflage gewinnt? Oder beunruhigt auch den Spiegel nur, daß die Deutungshoheit beispielsweise darüber, was die DDR mal war oder nicht war, nicht ausschließlich beim Spiegel und der Birthlerbehörde verbleibt? Sondern daß die junge Welt nicht ohne Wirkung andere Ansichten verbreitet? Wir werden sehen. Jedenfalls ist diese neue Aufmerksamkeit, die die junge Welt nun auch bei den Medien genießt, auch Ihr Verdienst, liebe Leserin, lieber Leser. Ansporn also, unsere Aktion mit noch mehr Kraft weiterzuführen. Deshalb her mit den nächsten Gutscheinen und Abos!
Verlag, Redaktion, Genossenschaft
Obwohl, hier ändert sich gerade etwas. Die wachsende Aufmerksamkeit, die die junge Welt genießt, können die Medien eben nicht länger ignorieren. In einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur (25. April 2006) darf Frau Birthler die junge Welt als »übriggebliebenes Blättchen aus der DDR« und als »mediales Sprachrohr der alten Stasi-Obristen« beschimpfen. Ausgerechnet in der Ausgabe vom 8.Mai 2006 legt Hubertus Knabe, Leiter der »Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen«, in der Welt nach und bezeichnet die junge Welt in seinem Beitrag »Das Aufarbeitungskombinat« als »Zentralorgan unbelehrbarer DDR-Nostalgiker«. Weiter geht´s in der Juli-Ausgabe des eher konservativen Magazins Cicero: Hier nennt der einstige jW-Kollege Christoph Seils im Beitrag »Das Netzwerk« die junge Welt noch immer als »ehemaliges FDJ-Zentralorgan« und beschwert sich darüber, daß dort »das Netzwerk der alten Eliten« (gemeint sind natürlich schon wieder frühere MfS-Angehörige) ausführlich zu Wort käme.
Warum bleibt man dann aber nicht bei dem bewährten Abstrafen durch Ignorieren? Darüber klärt die Frankfurter Allgemeine Zeitung diese Woche in ihrem Beitrag »Hitlers williger Vollzieher?« vom 26. Juni 2006 auf. Zunächst traut sie sich, die junge Welt nicht als ehemaliges oder neues Zentralorgan, sondern schlicht als Quelle korrekt zu benennen. Und das sogar schon im zweiten Satz. Der Aufmacher einer Feuilletonseite der Zeitung beschäftigt sich ausführlich mit einem Beitrag der Theologin Uta Ranke-Heinemann für die Themaseiten der jungen Welt. Sie kommt darin zur Erkenntnis, daß der seliggesprochene Kardinal von Galen ein Antisemit, Kriegsfreund und Englandhasser gewesen sei. Nach vielen Zeilen, in denen der FAZ-Autor Rudolf Willenborg versucht, diese Ansicht zu widerlegen, kommt dann aber doch noch der antikommunistische Schlenker: Der junge-Welt-Artikel sei »von verschiedenen kommunistischen Blättern nachgedruckt und auch von kommunistischen Internetzeitungen übernommen« worden. Und deshalb könne man solche Positionen bzw. ihr Weitertragen auch nicht mehr durch Ingnorieren bestrafen, weil das Internet zum »zugänglichsten Fundus für historische und andere Tatsacheninformationen geworden« sei. Weshalb es nicht verwunderlich sei, »daß Lehrer in Referaten und Facharbeiten immer häufiger lesen können, der (...) Kardinal von Galen sei ein Englandhasser und Kriegstreiber gewesen.« Jetzt ist es raus: Was in der jungen Welt steht, geht in die Köpfe von Schülern und Studenten. Alarmstufe Rot!
Die junge Welt kann man nicht länger ignorieren, das hat jetzt auch der Spiegel herausgefunden. In seiner kommenden Ausgabe, erhältlich ab Sonntag, kommt die junge Welt jedenfalls vor. Beschäftigt sich das Hamburger Nachrichtenmagazin vielleicht damit, wie eine kleine linke unabhängige Zeitung auf dem kapitalistischen Zeitungsmarkt überlebt und sogar an Einfluß und Auflage gewinnt? Oder beunruhigt auch den Spiegel nur, daß die Deutungshoheit beispielsweise darüber, was die DDR mal war oder nicht war, nicht ausschließlich beim Spiegel und der Birthlerbehörde verbleibt? Sondern daß die junge Welt nicht ohne Wirkung andere Ansichten verbreitet? Wir werden sehen. Jedenfalls ist diese neue Aufmerksamkeit, die die junge Welt nun auch bei den Medien genießt, auch Ihr Verdienst, liebe Leserin, lieber Leser. Ansporn also, unsere Aktion mit noch mehr Kraft weiterzuführen. Deshalb her mit den nächsten Gutscheinen und Abos!
Verlag, Redaktion, Genossenschaft
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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Umsteiger der Woche: Andreas Hartle aus Hannover
vom 01.07.2006