Aus: Ausgabe vom 21.09.2006, Seite 8 / Ansichten
Aufsteiger des Tages: Shinzo Abe
Das Hauptaugenmerk des 51jährigen Abe ist darauf gerichtet, das Militär zu stärken und die infolge der Niederlage im Zweiten Weltkrieg beschlossenen Einschränkungen aufzuheben. So will der aus einer konservativen Politiker-Dynastie stammende Abe den pazifistischen Artikel 9 aus der japanischen Verfassung eliminieren, der Japans Militär auf reine Selbstverteidigung beschränkt. Statt dessen beabsichtigt der inzwischen als »Prinz der Falken« bekannte Abe, wieder eine schlagkräftige Armee aufbauen, die an keine Vorbehalte mehr gebunden ist.
Zwecks moralischen Aufbaus will der an einer Universität in Südkalifornien ausgebildete Politikwissenschaftler auch die Schulbücher umschreiben und alle Bezüge auf Japans völkerrechtswidrige Angriffskriege und Kriegsverbrechen aus den Lehrbüchern entfernen lassen. Dabei macht Abe aus der Bewunderung für seinen Großvater Nobusuke Kishi keinen Hehl. Dieser war Mitglied des Kriegskabinetts und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA als Kriegsverbrecher festgenommen, aber nie verurteilt.
Dafür wurde Kishi später Ministerpräsident, und er hat im Kalten Krieg gegen den Widerstand der japanischen Linken das Bündnis mit den USA durchgesetzt. Nun soll Enkel Abe Washington bei der Schwächung des anderen großen strategischen Rivalen China helfen. Dazu brauchen die USA kein pazifistisches, sondern ein expansiv-militäristisches Japan. Daher hat Washington die Entwicklung in Japan vom Neo-Nationalismus zum Neo-Militarismus nach Kräften unterstützt. (rwr)
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