Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 12.01.2007, Seite 8 / Abgeschrieben

Zu den Razzien in kurdischen Vereinen

Die prokurdische Rechtshilfeorganisation AZADI und YEK-KOM, die Föderation kurdischer Vereine in Deutschland, erklären  und Wohnungen in dieser Woche:

Mit einem massiven Polizeiaufgebot wurden in den frühen Morgenstunden des 10. Januar die Räumlichkeiten kurdischer Vereine sowie Privatwohnungen u. a. in Esslingen, Stuttgart, Freiburg, Ulm, Pforzheim, Friedrichshafen und Reutlingen durchsucht und hierbei Computer, Telefone, Bustickets, Bargeld, Vereinsunterlagen und Zeitungen beschlagnahmt.

Als Gründe für die Razzien dienten den Staatsanwaltschaften und Gerichten laufende Ermittlungsverfahren gegen Kurden, denen vorgeworfen wird, gegen das Vereinsrecht verstoßen zu haben. Sie stünden – laut Durchsuchungsbeschluß u. a. des Amtsgerichts Stuttgart – im Verdacht, Anhänger der in Deutschland seit 1993 mit einem Betätigungsverbot belegten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein und durch ihre Aktivitäten dazu beigetragen zu haben, deren Strukturen aufrechtzuerhalten. Hiervon betroffen sind u. a. die Kurden Adil D. und Hüseyin Ö., der angeblich als Verantwortlicher des »PKK-Raumes Esslingen« tätig gewesen sei. Ferner werde aufgrund von Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen Salman K. ermittelt, der nach Auffassung der Behörden im Zeitraum von Juni 2005 bis Juni 2006 als »Gebietsverantwortlicher des PKK-Gebiets Ulm« gearbeitet haben soll. Die Durchsuchungen – so der Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart – würden der Ermittlung seines bislang unbekannten Aufenthaltsortes und der Sicherstellung entsprechenden Beweismaterials dienen. Außerdem wurde im Zuge dieser Polizeiaktion in einer Stuttgarter Privatwohnung das YEK-KOM-Vorstandsmitglied Ahmet C. festgenommen.


AZADÎ und YEK-KOM verurteilen die polizeilichen Durchsuchungsaktionen aufs schärfste. Die seit 13 Jahren anhaltende Verbots- und Kriminalisierungspraxis bedeutet vor dem Hintergrund der grundlegenden Veränderungen der kurdischen Bewegung und ihrer Bemühungen um politisch-demokratische Konfliktlösungen eine inakzeptable Provokation. Eine solch repressive Politik hat bisher nicht ein einziges der kurdischen Frage zugrundeliegendes Problem gelöst – weder in Deutschland noch in der Türkei.

Die Versuche, die Menschen mit dem Instrument des Polizei- und Strafrechts davon abzuhalten, sich in ihren Vereinen für ihre legitimen politischen, sozialen und kulturellen Anliegen und Rechte zu betätigen, waren und sind ein untaugliches Mittel. Aktivitäten von kurdischer Seite als politischen »Extremismus« oder gar als »Terrorismus« zu disqualifizieren und zu diskreditieren, ist nicht nur kurz gedacht. Wir halten diese Art der Einschüchterung und Kriminalisierung der politischen Arbeit für eine unzulässige und undemokratische Herangehensweise gegenüber der kurdischen Bevölkerung, die seit Jahrzehnten einem massiven Verfolgungsdruck ausgesetzt ist.

Wir fordern eine Umkehr der herrschenden Politik und rufen alle demokratischen Kräfte dazu auf, sich dafür einzusetzen, daß die Kriminalisierung beendet wird und sich Kurdinnen und Kurden frei und offen artikulieren können. Das PKK-Verbot muß aufgehoben und ein ernsthafter Dialogprozeß vonseiten der politisch Verantwortlichen begonnen werden. Die Kurden sind hierzu schon lange bereit.