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Aus: Ausgabe vom 27.06.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Spuren vermeiden? Aktenschwund

Wer nicht erwischt werden will, darf keine Spuren hinterlassen. Diese Binsenweisheit eines jeden Kriminellen hat sich immer wieder auch die Bundesregierung zu eigen gemacht – die Vernichtung wichtiger Unterlagen hat in der BRD-Geschichte Tradition.

Der erste große Fall war die Affäre um die Beschaffung des Jagdbombers »Starfighter«F 104-G. Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), der anfänglich die französische »Mirage« bevorzugte, hatte Ende der 50er Jahre den Erwerb von 916 »Starfightern« durchgesetzt, obwohl die US-amerikanische Herstellerfirma Lockheed zum Zeitpunkt der Bestellung noch kein Exemplar der für Deutschland bestimmten Version vorführen konnte. Bis zur Ausmusterung dieses bis zuletzt unausgereiften Typs im Jahre 1992 stürzten 292 Maschinen ab, 116 Piloten kamen um.

Lockheed hatte zur Auftragsakquise u. a. den ehemaligen CIA-Mann Ernest Hauser eingesetzt, der Mitte der 70er Jahre öffentlich erklärte, Strauß und die CSU seien bestochen worden, um den Großauftrag an Land zu ziehen. Das klang plausibel, denn sowohl der frühere japanische Ministerpräsident Kakuei Tanaka als auch Prinz Bernhard der Niederlande hatten sich ihre Zustimmung zum Kauf von Lockheed-Flugzeugen nachweislich mit 1,1 bzw. drei Millionen Dollar vergolden lassen. Auch ein Unterausschuß des US-Senats kam 1975/76 zu dem Ergebnis, daß Lockheed hohe Schmiergelder zur Auftragsbeschaffung gezahlt hatte. Strauß stritt – wie in anderen Fällen auch – alles ab. Der Bundestag setzte einen Untersuchungsausschuß ein, aber, o Wunder, es stellte sich heraus, daß bereits 1962 alle Akten über die »Starfighter«-Beschaffung aus der Ermekeil-Kaserne in Bonn verschwunden waren. Aufsehen erregte dann auch die »Abhöraffäre«: Die DDR-Auslandsaufklärung hatte bundesdeutschen Medien Informationen zugespielt, nach denen Strauß in einem Telefonat mit dem Chefredakteur des Bayernkurier, Wilfried Scharnagl, die Vernichtung der Akten zugegeben hatte.
Auch bei den »Bundeslöschtagen« im Jahre 1998 ging es offensichtlich darum, Spuren zu verwischen. Die hätten nämlich dazu beitragen können, den Vorwurf aufzuklären, die CDU habe sich vom französischen ELF-Konzern beim Verkauf des ehemaligen DDR-Kombinats Leuna schmieren lassen. Der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) hatte als Vorermittler in einem Disziplinarverfahren aufgedeckt, daß das Kanzleramt beim Regierungswechsel 1998 von Kohl auf Schröder in großem Stil Daten vernichtet hatte – darunter Informationen, für die sich später der Parteispenden-Untersuchungsausschuß interessiert hätte. (pw)

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