Nur Mut!
Von Peter SteinigerDie Einschläge kommen näher, doch die Kapelle spielt weiter. Trotz Krisen und Kriegen bleibt der Tourismus auf Wachstumskurs. Sein stärkster Motor ist der ferne asiatische Markt. Die Reiseindustrie verzeichnet global Zuwächse, die selbst unsere sehr erfolgreichen Rüstungsexporteure neidisch machen könnten. Sie ist lebenswichtig für ganze Volkswirtschaften, nicht nur klassische Urlaubsparadiese hat der Sektor immer fester im Griff. Auch dort, wo der Rauch der Fabrikschornsteine verweht ist, versucht man längst, sich auf diesen Ast zu retten. Wie stabil er ist, hängt von vielen Faktoren ab. Wohin die Reise geht, bestimmen die Finanzmärkte mit. Mit einem starken Dollar kommt man weit, mit Alugeld lassen sich keine großen Sprünge machen. So wie die Chancen, das Menschenrecht auf Urlaub, Erholung und Freizeit zu verwirklichen verteilt sind, werden auch die Glücksversprechen der Urlaubsindustrie in erster Linie an Menschen aus den reichen Ländern adressiert. Ohne Moos, mit dem falschen Pass, kommt man nie auf Los.
Nicht nur das Kapital ist ein scheues Reh, Reisende sind es auch. Wenn es knallt, verziehen sie sich. Besonders die Türkei, Belgien und Frankreich bekommen das in diesen Tagen zu spüren. Nach den Zahlen der Welttourismusorganisation, UNWTO, hat nach den wiederholten Anschlägen dort auch die Reiseindustrie kräftig geblutet. In den Pariser Kneipenvierteln und über den Weihnachtsmarkt an den Champs-Élysées patrouillieren nun Soldaten mit Maschinenpistolen. Ohne genaue Kontrolle gibt es keinen Zutritt zu den Lafayette-Konsumtempeln im 9. Arrondissement. Das Gefühl der Sicherheit aber ist passé. Louvre und Eiffelturm möchte man dennoch gesehen haben. Nicht zu übersehen ist an der Seine aber auch der Kontrast zwischen Flaneuren im Pelz und frierenden Elendsgestalten am Straßenrand. Nicht nur hier läuft irgendetwas falsch. Während man für Handel und Wandel auf Fremde immer mehr angewiesen ist, sammeln ausgerechnet Ausländerfeinde und Rassisten Punkte. Ein Trend, der Produkt einer Gesellschaft ist, die sich auf Egoismus statt Solidarität gründet.
In dunklen Zeiten, wenn die Frage Hillary oder Donald lautet, wenn es nur noch Bayern München oder RB Leipzig heißt, kurz, wenn das Licht der Aufklärung kaum noch durchdringt, stellt sich die Frage nach den wirklichen Alternativen erst recht. Kopf hoch – sie sind weiter in der Welt. Dass in der des Reisens gerade Kuba en vogue ist, hat nicht nur etwas mit Sonne, Strand und Salsa zu tun. Erst recht nicht mit Preis und Leistung. Es ist nicht zuletzt das trotzige Festhalten der Kubaner am unperfekten Gegenentwurf zur Kapitalherrschaft, an der Idee des Sozialismus, das viele neugierig macht oder fasziniert. Die Selbstbestimmung Kubas ist ein Erbe, das auch jetzt, wo Fidel Castro nicht mehr lebt und die Ära der historischen Führer der Revolution von 1959 zu Ende geht, nicht verschleudert wird. Frau Merkel und Konsorten können den Zeigefinger wieder einfahren. Er juckt Havanna nicht. Die deutsche Reaktion auf Fidels Tod deckt sich zwar nicht im Ton, doch in der Sache mit der von Donald Trump. Nach seinem pietätlosen Jubel über den Tod des »Diktators« ist er auch bei Kubanern, die keine ausgewiesenen Fidelistas sind, unten durch. Nun droht Trump eine Rücknahme der ohnehin noch sehr begrenzten Fortschritte im bilateralen Verhältnis an. Eine neue Eiszeit wäre übrigens zum Schaden beider Seiten.
Für andere ist Kuba das heiße Ding, in diesem Blatt ein Klassiker. Unsere Autoren führen an weitere besondere Plätze, blicken hinter die Kulissen. Egal, wohin es Sie führt: Die Frage nach der richtigen Seite, die stellt sich an jedem Ort.
Vorwärts kommen. Unsere Fotos zeigen Landschaften, Menschen und ihre Fortbewegungsmittel in Kuba
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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