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Aus: Naher Osten, Beilage der jW vom 10.05.2023
Naher und Mittlerer Osten

Vom Krieg gezeichnet

Unterschiedlichste Interessen befeuern Konflikte in der Region. Diplomatische Initiativen zwischen Regionalmächten bringen Ansätze für Frieden
Von Ina Sembdner
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Nicht willkommen: Iraker stellen sich den am 9. April 2003 in Bagdad einrückenden US-Truppen entgegen

Der Nahe und Mittlere Osten bleibt ein Pulverfass: Diese tragische Erkenntnis durchzieht auch diese Beilage. 20 Jahre nach Beginn des US-Feldzugs gegen den Irak steht das Land ohne Sicherheit und geordnete politische Verhältnisse da – die Kriegsmaschinerie ist längst weitergezogen. Am 9. April 2003 sollte sichergestellt werden, dass die Augen der Welt auf den Firdaus-Platz in Bagdad gerichtet waren. Der Auftrag für Oberstleutnant Bryan McCoy lautete 20 Tage nach Beginn der Invasion, medienwirksam ins Stadtzentrum Bagdads vorzudringen. Am Firdaus--Platz waren zahlreiche Journalisten im »Palestine Hotel« untergebracht – unter ihnen der Fotograf Markus Matzel. Er hielt die darauffolgenden Ereignisse mit seiner Kamera fest: Nach dem Eintreffen der Marineinfanteristen sammelte sich eine kleine Gruppe von Irakern um die Statue von Saddam Hussein, die schließlich von einem mit Kran ausgerüsteten Fahrzeug umgerissen wurde. Während die Zahl der feiernden Iraker überschaubar blieb und die Zahl der anwesenden Journalisten höher gewesen sein dürfte, erklärte der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stolz: »Die Szenen, in denen freie Iraker auf den Straßen feiern, auf amerikanischen Panzern reiten und die Statuen von Saddam Hussein im Zentrum von Bagdad niederreißen, sind atemberaubend. Wenn man sie sieht, kann man nicht anders, als an den Fall der Berliner Mauer und den Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs zu denken.«

Als Folge des sogenannten arabischen Frühlings brach acht Jahre später der Krieg in Syrien aus. Daniel Seiffert berichtet von der schwierigen Lage der kurdisch geprägten Autonomen Selbstverwaltung Nordostsyriens, die sich »Zwischen den Fronten« im Konflikt mit Ankara und Damaskus behaupten muss – zumal die Hilfe in diese Region nach dem verheerenden Erdbeben Anfang Februar erst spät ins Rollen kam. Wie sich die syrische Regierung dagegen aus der politischen Isolation in der arabischen Staatenwelt herausgearbeitet hat, beleuchtet Karin Leukefeld in ihrem Text »Syrien rehabilitiert sich«. Auch hier spielte das Erdbeben eine entscheidende Rolle, um die Wiederannäherung mit Saudi-Arabien und Iran voranzutreiben.

Im Jemen sind diese beiden Regionalmächte ebenfalls die zentralen Akteure. Auch wenn die durch China vermittelten Gespräche zwischen Riad und Teheran letztlich von Erfolg gekrönt sein sollten: »Es bleibt Krieg« im Jemen. Wie nämlich Wiebke Diehl darlegt, sind die teils jahrzehntealten Konflikte, die in dem Land auch jenseits des seit 2015 saudisch angeführten Krieges gegen die Ansarollah existieren, weiter ungelöst und stehen bislang nicht auf der Agenda. Zumal die Vereinigten Arabischen Emirate auch noch mitzureden haben. Mit Katar konnte sich derweil eine weitere Golfmonarchie international mit der Austragung der Fußball-WM der Männer etablieren. Allen Protesten und Kampagnen gegen Ausbeutung zum Trotz konnte das Sportereignis als »Erfolg der Herrschenden« sowohl in Doha als auch in Zürich bei der FIFA verbucht werden, wie Gabriel Kuhn resümiert.

Apropos Beijing. Die Volksrepublik schickt sich an, auch in weiteren Konflikten ein »Vermittler mit Gewicht« zu werden, wie Jörg Kronauer in seinem Text beschreibt. Dabei kommt China entgegen, dass es bereits auf eine lange Zusammenarbeit mit Ländern des Nahen und Mittleren Ostens zurückgreifen kann. Demgegenüber ist das als »einzige Demokratie« in Nahost bezeichnete Israel weniger diplomatisch ausgerichtet und spielt in verschiedensten Konflikten im Hintergrund eine Rolle. So auch in Armenien und Berg-Karabach. Dort entspinnt sich zunehmend eine »Konkurrenz im Kaukasus« zwischen Aserbaidschan, dessen Führung auch vor Grenzverschiebungen nicht Halt macht, und Iran, in dem eine große aserbaidschanische Minderheit zu Hause ist. Emre Şahin berichtet von den Gefahren dieser Eskalation. Moshe Zuckermann blickt schlussendlich auf 75 Jahre Israel und bilanziert den Erfolg dieses historischen Projekts, das jedoch von Anfang an auf falschen Voraussetzungen beruhte. Denn es verdrängte, dass »Kein Land ohne Volk« als Ausgangspunkt der Staatsgründung genommen wurde.

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