Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: 75 Jahre DDR, Beilage der jW vom 02.10.2024
DDR 75

Ende des Abwartens

Die verhinderte gesamtdeutsche Lösung: Zur Vorgeschichte der Gründung der DDR
Von Kurt Schneider
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Kundgebung aus Anlass der Gründung der DDR in Berlin-Mitte (11.10.1949)

Mit der Einberufung der separaten Londoner Konferenz zur deutschen Frage durch die drei Westmächte im Frühjahr 1948 war eine neue politische Lage entstanden. Nach Abschluss der Konferenz, die unter Einbeziehung der Beneluxstaaten stattgefunden hatte, verfasste das sowjetische Außenministerium eine Erklärung, die am 18. Juni 1948 Stalin zur Prüfung vorgelegt wurde. Sie enthielt inhaltlich folgende Hauptaussagen: 1. Die Beschlüsse der Londoner Beratung sind auf die endgültige politische und wirtschaftliche Teilung Deutschlands gerichtet. 2. Die mit den Beschlüssen verfolgte Politik der Teilung Deutschlands hintertreibt den Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland. 3. Die Beschlüsse über den Staatsaufbau sind von einem antidemokratischen Geist durchdrungen. Die gesamte Vorbereitung zur Einberufung einer Konstituierenden Versammlung und zur Schaffung einer Verfassung ist den drei Militärgouverneuren und den Ministerpräsidenten der Länder überlassen. 4. Die westdeutsche Wirtschaft wird der Durchführung des sogenannten Marshallplans untergeordnet. 5. Insgesamt sind die »Londoner Empfehlungen« eine grobe Verletzung der Abkommen von Jalta und Potsdam über die Fragen der Demilitarisierung und Demokratisierung Deutschlands unter Kontrolle der vier Mächte.

Der in der Folge gebildete Parlamentarische Rat nahm seine Tätigkeit auf, ohne dafür eine demokratisch legitimierte Vollmacht zu haben, beanspruchte aber einen Alleinvertretungsanspruch für ganz Deutschland. Damit begann eine Entwicklung, die, zum Teil mit Eingriffen der westlichen Alliierten, zur Ausarbeitung einer westdeutschen Verfassung führte.

Die Volkskongressbewegung

Im deutlichen Unterschied zu der mit den Londoner Empfehlungen manifestierten Politik der Spaltung Deutschlands vollzog sich die Entwicklung in der Ostzone. Bereits im Herbst 1946 hatten in den fünf Ländern der SBZ unbestreitbar demokratische Wahlen stattgefunden, aus denen die der Einheit Deutschlands dienende Volkskongressbewegung hervorgegangen war, für deren Ziele in ganz Deutschland Menschen gewonnen werden sollten. Die entsprechenden Aktivitäten wurden jedoch in den westlichen Besatzungszonen als »kommunistische Propaganda« bekämpft. Auf dem 1. Volkskongress, der im Dezember 1947 im Berliner Admiralspalast stattfand, wurde die Durchführung einer Volksabstimmung über die Herstellung der Einheit Deutschlands und die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung gefordert. Auf dem Nachfolgekongress im März 1948 wurde der Deutsche Volksrat mit 300 östlichen und 100 westzonalen Mitgliedern gebildet, der mit der Ausarbeitung des Entwurfs für eine gesamtdeutsche Verfassung beauftragt wurde.

Unmittelbar danach erfolgte von Mai bis Juni 1948 ein von der Volkskongressbewegung getragenes Volksbegehen als Vorstufe für einen Volksentscheid, das trotz umfassender Behinderung im Westen von über 13 Millionen Menschen unterzeichnet wurde. Damit waren die formalen Bedingungen der Weimarer Verfassung für die Durchführung eines Volksentscheids (10 Prozent der Wahlberechtigten) erfüllt. Am 22. Oktober 1948 wurde der vom Volksrat verfasste Entwurf für eine gesamtdeutsche Verfassung offiziell vorgelegt. In einer Beurteilung des Entwurfs für das sowjetische Außenministerium wurde besonders hervorgehoben, dass darin Deutschland als unteilbare demokratische Republik bezeichnet wird, die aus Ländern besteht, und in der die Republik alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind, entscheidet. Die in der sowjetischen Zone gemäß dem Potsdamer Abkommen durchgeführten demokratischen Umgestaltungen wurden verfassungsrechtlich verankert. Der Entwurf verkündete, dass »alle Staatsgewalt vom Volk ausgehen« und dem »Wohl des Volkes, der Freiheit und dem demokratischen Fortschritt dienen« muss. Faschistische und militaristische Tätigkeit und Propaganda wurden verboten, sowie die vollständige Gleichberechtigung aller Menschen ungeachtet ihrer Herkunft verkündet. Der Entwurf sah zudem die Teilnahme der Arbeiter und Angestellten »an der Regelung der Produktion sowie der Lohn- und Arbeitsbedingungen in den Betrieben« vor. »Insgesamt ist der Verfassungsentwurf«, heißt es abschließend in der Beurteilung, »unzweifelhaft demokratischer als die Weimarer Verfassung«.

Spaltung nicht initiieren

Angesichts der Verschärfung der Lage durch die prinzipiell unterschiedliche Entwicklung in beiden Teilen Deutschlands stellte sich aber zugleich die Frage nach der konkreten Perspektive in der Ostzone. In dieser Situation fand in Vorbereitung der für Januar 1949 einberufenen 1. Parteikonferenz der SED auf Einladung des Obersten Chefs der SMAD am 30. Oktober 1948 eine »umfassende Lagebesprechung« statt. Über diese Beratung, an der Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl teilgenommen hatten, berichtete ein führender Vertreter der SMAD an Stalin, dass angesichts der offensichtlichen Vorbereitung einer westdeutschen Staatsgründung die SED wissen wolle, wie wahrscheinlich es sei, dass »in nächster Zeit in der SBZ ein selbständiger Staat mit eigenem Parlament und eigener Regierung gebildet werde«.

Stalin antwortete auf diese Frage nicht sofort. Es ließ wissen, dass dazu erst eine Unterredung mit der SED-Führung erforderlich sei, da die SED bislang einen Kampf um die Einheit Deutschlands führte. In dem Gespräch mit der SED-Spitze, das am 18. Dezember 1948 mit Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht stattfand, informierte Pieck anfangs ungeschönt über die Situation in der KPD und SED sowie über die Politik der SED. Stalin, der nicht ganz mit Piecks Darstellung der inneren Entwicklung der SBZ einverstanden war, ließ sich in seinen Ausführungen strikt von der Politik des Abwartens leiten, die keine die Einheit Deutschlands gefährdende Maßnahmen duldete. Stalin sagte den SED-Vertretern, dass es erforderlich sei, von allen Plänen hinsichtlich einer weiteren Vergesellschaftung von Unternehmen Abstand zu nehmen. Es sei absolut verfrüht, in der sowjetischen Zone »zu Maßnahmen zur Einschränkung kapitalistischer Elemente überzugehen«. Ebenso sei jegliche Absicht eines Übergangs zur »Volksdemokratie« verfehlt. Die komplizierte Lage in Deutschland ermögliche es nicht, Wege des direkten Übergangs zum Sozialismus zu beschreiten. Es sei unter Berücksichtigung der Lage in Deutschland falsch gewesen, eine »Arbeitsgemeinschaft SED/KPD« zu gründen. Es sei daher erforderlich, derartige Formen der Beziehungen der SED zur KPD im Westen offiziell zu beenden. Ebenso sei mit der gewünschten Aufnahme der SED in das »Kominform«, das der Zusammenarbeit der Parteien diene, »noch etwas zu warten«.

Im zweiten Teil des Gesprächs, das fast vier Stunden dauerte, erklärte dann Pieck für die SED: Wenn in Westdeutschland eine Regierung gebildet wird, dann werden »auch wir eine deutsche Regierung für die sowjetische Zone bilden«. Stalin sagte dazu zustimmend: »Es ist völlig verständlich, dass Sie nicht die Initiatoren der Spaltung Deutschlands sein wollen. Wenn jedoch im Westen eine separate Regierung geschaffen wird, dann muss auch in Berlin eine gebildet werden.« Es sei aber zweckmäßig, eine solche Regierung nicht als Zonenregierung, sondern als »Provisorische deutsche Regierung« zu benennen – als deutlicher Hinweis darauf, dass diese Regierung nur bis zu einer realen Vereinigung aller Zonen existieren wird.

Der dritte Volkskongress, an dem im Mai 1949 1.400 gewählte Delegierten aus der SBZ und 440 Vertreter und Gäste teilnahmen, verabschiedete nunmehr die Verfassung einer Deutschen Demokratischen Republik. Am 7. Oktober 1949 erklärte sich der deutsche Volksrat zur provisorischen Volkskammer im Sinne dieser Verfassung. Die Kontakte der SED-Führung mit der sowjetischen Partei- und Staatsführung belegen, dass die politischen Aktivitäten beider Seiten bis zuletzt auf eine gesamtdeutsche Lösung gerichtet waren. Moskau war eindeutig an einem einheitlichen, politisch und militärisch neutralen und mit der Sowjetunion freundschaftlich verbundenen Deutschland interessiert und stimmte erst der Gründung der DDR zu, als die Spaltung Deutschlands durch die Westmächte und innerdeutsche Kräfte nicht mehr zu verhindern war.

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