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Aus: Rosa & Karl, Beilage der jW vom 11.01.2025

Deutsch, pathologisch

Von Arnold Schölzel
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In dem Lagewimmelbild, das er am Dienstag in Florida zeichnete, ließ Trump die Behauptung mehrerer preisgekrönter US-Journalisten nicht weg, sein Wahlsieg 2016 basiere auf Moskauer Manipulationen. Das wurde damals von den deutschen Großmedien flugs übernommen. Es sei aber, so Trump, als »hoax« – also »Zeitungsente«, zeitgemäß »Fake News« – entlarvt. Da hat der Choleriker recht: Mark Zuckerberg mag in seinem elektronischen Globalpfuhl namens Facebook mehr als bisher Dreck spritzen lassen; was an Lügen etwa über Russland oder China von Washington Post, New York Times, FAZ, Süddeutsche Zeitung und Co. seit Jahren verbreitet wird, überbietet an Einfluss erheblich, was letztlich Hintertreppengewäsch bleibt.

Die hiesige Berichterstattung über Trumps Pressekonferenz ist ein Musterfall. Hauptthema eins war am Donnerstag in deutschen Zeitungen: »Scholz weist Trumps Ansprüche zurück« (Süddeutsche Zeitung), »Scholz ermahnt Trump« (FAZ), »Scholz kritisiert Trump« (Handelsblatt). Die »Nachricht«: Nach 34 Jahren ununterbrochener US-Kriege u. a. mit deutscher Hilfe unter Missachtung von Grenzen und Völkerrecht entdeckt der deutsche Regierungschef, dass Trump annektieren will, ohne wenigstens Rechtmäßigkeit vorzutäuschen. Verzicht auf Täuschung bei westlichen Angriffskriegen, lässt sich schließen, bringt einen BRD-Kanzler ans Mikrophon. Den Schröder-Effekt von 2002 – Wahlkampf gegen die Irak-Kriegspläne George W. Bushs führen, aber den Feldzug sorgfältig unterstützen – wird Scholz jedoch nicht wiederholen können.

Bleibt Hauptthema zwei: »NATO reagiert gelassen auf Trumps Forderung« (Die Welt), »Die neue Fünf-Prozent-Hürde« (Taz). Das Thema hatte sich vor Veröffentlichung erledigt: Habeck will fast genau so viel wie Trump. Man wird sich einigen.

Was aber ist mit Trumps Aussagen zum Ukraine-Krieg? Er verstehe die russischen Gefühle, wenn die NATO an der Türschwelle auftauche, wolle sich bald mit Putin treffen und halte die Biden-Entscheidung, mit weitreichenden Raketen Russland zu beschießen, für schlecht. Zumal sie nach seinem jetzigen Wahlsieg gefällt worden sei. In den genannten Zeitungen gibt es dazu nichts, um so mehr Aufregung, als sei Grönland von den USA schon erobert (ist es auch, gemessen an der Größe der US-Thule Air Base), der Panamakanal den Chinesen entrissen und Kanada heim ins Reich geholt. Nur in der Taz steht blödelnd wie meistens: »Zum anhaltenden Krieg in der Ukraine hatte Trump nur wenig Neues zu berichten«, außer dass er sich mit Putin wegen einer Lösung treffen könnte.

Auf solche Fake News durch Weglassung lässt sich Wut aufbauen: In der Süddeutschen Zeitung pöbelte am Donnerstag deren Politikchef Stefan Kornelius unter dem Titel »Der Sturm«, Trump sei Psychopath und Faschist. Doppelte Diagnose hält besser. Kornelius findet beim Republikaner »impulsiven Irrsinn«, »zerstörerischen Wahnsinn«, »wilde bis wirre Vorstellungen«, den Ausdruck »eines faschistischen Führungswahns«, das Kumpeln mit einer »neofaschistischen Internationale« und »tosenden Irrsinn«. Die »eigentliche Gefahr des Trumpschen Feuersturms«, den Kornelius schließlich mit dem Aufstieg des deutschen Faschismus 1932 gleichsetzt, sei: »Das Recht fällt, die Willkür siegt.«

Exakter lässt sich die Kriegspolitik der USA und ihres deutschen Verbündeten seit dem Untergang der Sowjetunion nicht formulieren. Kornelius war einer ihrer eifrigsten deutschen Propagandisten. Seine Psychopathologie Trumps ist die der USA, d. h. seine eigene. Die Aussicht, von Washington aus könne wenigstens auf einem Schlachtfeld Frieden ausgehen, kann einen publizistischen Kriegshelfer wie ihn an den Rand des Wahnsinns treiben. Es besteht demnach Grund zur Hoffnung.

Die »eigentliche Gefahr des Trumpschen Feuersturms«, den Kornelius schließlich mit dem Aufstieg des deutschen Faschismus 1932 gleichsetzt, sei: »Das Recht fällt, die Willkür siegt.« Exakter lässt sich die Kriegspolitik der USA und ihres deutschen Verbündeten seit dem Untergang der Sowjetunion nicht formulieren.

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