»Dignité« geentert
Erneut hat Israel mit militärischer Gewalt die Blockade des Gazastreifens durchgesetzt.
Am späten Dienstag vormittag enterten Soldaten der israelischen Marine die »Dignité/Al Karama« (Würde), ein französisches Boot, das mit Hilfsgütern beladen Kurs auf den Hafen von Gaza genommen hatte.
Das Schiff sowie die an Bord befindlichen 17
Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden in den Hafen von Aschdod
entführt, wo sie verhört werden sollen. Die israelische
Einwanderungsbehörde wirft den Aktivsten vor, sie hätten versucht,
illegal nach Israel zu gelangen. Allerdings war von Anfang an klar, daß
das Boot nicht Israel, sondern den palästinensischen Gazastreifen
anlaufen wollte.
Thomas Sommer-Houdeville, einer der
französischen Aktivisten an Bord der »Dignité«, hatte in einem Interview
mit AFP am Montag abend gesagt, die Fracht des Bootes sei eine
»symbolische Botschaft des Friedens, der Hoffnung und der Liebe«. Es
gebe keinen Anlaß für Israel, sie aufzuhalten.
Kontakt mit der
israelischen Armee hatte die »Dignité« bereits in den frühen
Morgenstunden am Dienstag, etwa 50 Seemeilen vor der Küste von Gaza,
also in internationalen Gewässern. Man sei von vier israelischen
Kriegsschiffen umringt, hieß es in einer Nachricht von Bord, drei
kleineren und einem größeren Schiff.
Sollte man den Anordnungen der Marine nicht Folge leisten und umkehren, werde das Schiff geentert, teilte die israelische Marine dem Kapitän der »Dignité« mit. Als dieser die Fahrt fortsetzte, folgten die israelischen Schiffe in kurzer Entfernung und enterten das Schiff kurz darauf. Der Piratenakt war von Generalstabschef Benny Gantz angeordnet worden. Zuvor war die Kommunikation mit der »Dignité« abgebrochen, nachdem Israel Funk- und Satellitenverbindungen gestört hatte.
Das an Bord befindliche Filmteam
des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira hatte offenbar zuvor noch
ein kurzes Gespräch mit dem eigenen Reporter und mit Amira Hass
übermittelt. Die Reporterin der israelischen Tageszeitung Haaretz
bestätigte demnach, daß das Boot in internationalen Gewässern, etwa 50
Seemeilen von Gaza entfernt geentert werde.
Eine
Militärsprecherin sagte hingegen, das Schiff sei zwölf Seemeilen vor dem
Küstenstreifen »übernommen« worden. Alles sei »ruhig« und
»unspektakulär« abgelaufen, es habe »keine Verletzten« gegeben. Die
Passagiere seien auf eines der Kriegsschiffe gebracht worden, wo ein
Arzt sie untersucht und allen »gute Gesundheit« bescheinigt habe.
Um die zu Luft und Land bestehende Belagerung des Gazastreifens zu
vervollständigen, hatte Israel zunächst eine Sperrzone von drei
Seemeilen vor Gaza verhängt, die sukzessive in den letzten Jahren bis
auf zwölf Seemeilen vor der Küste ausgeweitet wurde. Israel begründet
die Maßnahme mit dem »Schutz der eigenen Sicherheit«.
Als am
Montag bekannt wurde, daß die »Dignité« Kurs auf Gaza genommen hatte,
bekräftigte der stellvertretende israelische Außenminister Danny Ayalon,
sollte das Schiff auf dem Weg nach Gaza sein, »ist das ein Bruch des
internationalen Seerechts und eine Provokation«. Man werde es aufhalten,
aber dafür sorgen, »daß die Leute an Bord sich wie zu Hause fühlen
werden«.
Scharfe Kritik an dem israelischen Piratenakt kam von
dem unabhängigen palästinensischen Abgeordneten Mustafa Barghouti aus
Ramallah. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, das
israelische Vorgehen gegen Schiffe in internationalen Gewässern zu
verurteilen.
Der Deutsche Koordinationskreis Palästina-Israel
(KoPI) verurteilte die »hermetische Abriegelung von Gaza«. Angesichts
einer »Staatengemeinschaft, die die israelische Politik der Besatzung
und Abriegelung gewähren« lasse, sei »die Aktion der Zivilgesellschaft,
die Blockade mit Schiffen zu durchbrechen, legitim«. Bundesregierung und
Bundestag müßten endlich »konkrete Maßnahmen ergreifen«, damit die
Blockade beendet werde. Konkret solle das EU-Assoziierungsabkommen mit
Israel »konditioniert« ausgesetzt werden, bis das Land die Besatzung
beende. Gefordert wird auch die »unverzügliche Einstellung der
Rüstungskooperation« mit Konfliktparteien in der Region.
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