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Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
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»Die jW ist mehr als ein Informationsmedium«

Geheimdienstzentrale: Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Chorweiler

Im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) für das Jahr 2020 heißt es zum Verlag 8. Mai GmbH und der Linken Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e. G.:

Die kommunistisch ausgerichtete Tageszeitung junge Welt (jW) tritt für die Errichtung einer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaft ein. Sie ist das bedeutendste und mit zuletzt 19.500 verkauften Einheiten von Printexemplaren und Onlineabos bei einer Druckauflage von 23.400 Exemplaren (2019: 25.600; samstags 27.000 Exemplare) auflagenstärkste Medium im Linksextremismus. Die jW ist mehr als ein Informationsmedium. Sie wirkt als politischer Faktor und schafft Reichweite durch Aktivitäten wie zum Beispiel die Durchführung der alljährlichen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Einzelne Redaktionsmitglieder und einige der Stamm- und Gastautoren sind dem linksextremistischen Spektrum zuzurechnen. Die jW erklärt sich nicht ausdrücklich zur Gewaltfreiheit. Vielmehr bietet sie immer wieder eine öffentliche Plattform für Personen und Organisationen, die politisch motivierte Straftaten befürworten

Das Hans-Litten-Archiv erklärte am Dienstag zur Vorstellung des Jahresberichts des BfV:

Bundesinnenminister Horst Seehofer und das Hans-Litten-Archiv werden wohl keine Freunde mehr. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg es letztes Jahr dem Verfassungsschutz verboten hatte, das Hans-Litten-Archiv als »extremistische Gruppierung« zu bezeichnen, hat der Geheimdienst flink die Kategorie »extremistische Struktur, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt« geschaffen. Als solche wird das Hans-Litten-Archiv im Mitte Juni vorgelegten Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2020 im Kapitel über die Rote Hilfe e. V. bezeichnet. (…)

Wir werden gemeinsam mit unseren Anwältinnen und Anwälten beraten, ob es sinnvoll ist, erneute rechtliche Schritte gegen den Verfassungsschutz einzuleiten, oder ob wir unsere begrenzten Finanzmittel lieber in den Ankauf seltener historischer Dokumente investieren wollen. Die Mitglieder des Hans-Litten-Archivs e. V. werden sich durch die Diffamierung durch den Verfassungsschutz jedenfalls nicht von ihren wissenschaftlichen und publizistischen Aktivitäten abbringen lassen. Wir appellieren an dieser Stelle an die demokratische Öffentlichkeit, nicht zuzulassen, dass ein Geheimdienst als Zensor zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Engagements auftritt.

Zum selben Thema äußerte sich am Dienstag André Hahn, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Linke und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste:

Die heute vom Bundesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Zahlen behaupten erneut einen angeblichen Gleichstand von Rechts- und Linksextremismus. Dies gelingt nur, indem die Klimaproteste im Dannenröder Forst gegen den Weiterbau der A 49 sowie Taten von sich selbst als autonom verstehenden Personen pauschal dem Linksextremismus hinzuaddiert werden und zudem die künstliche Trennung zwischen Rechtsextremismus auf der einen sowie Reichsbürgern und Selbstverwaltern auf der anderen Seite aufrechterhalten wird. Beides ist und bleibt höchst befremdlich und zeugt davon, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) immer noch keine klare Erkenntnis darüber herrscht, von wem die wirkliche Gefahr für die Demokratie ausgeht, nämlich von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus.