Argentiniens Linksbündnis triumphierte
Das oppositionelle Mitte-Links-Bündnis in Argentinien hat die als richtungsweisend geltenden Teilwahlen zum Parlament klar gewonnen. Am Sonntag veröffentlichten Teilergebnissen zufolge entfielen auf die Opposition landesweit 46 Prozent der abgegebenen Stimmen, auf die seit 1989 regierenden Peronisten nur 35,5 Prozent. Auch in der bisherigen Hochburg der Peronisten, der Provinz Buenos Aires, setzte sich die Opposition aus sozialdemokratischer Radikaler Bürgerunion (UCR) und der linksliberalen Front Solidarisches Land (FREPASO) durch. Die FREPASO-Senatorin Graciela Fernandez Mejide lag etwa acht Prozentpunkte vor Hilda Gonzalez de Duhalde, der Frau des peronistischen Provinzgouverneurs Eduardo Duhalde. Die Regierung gestand ihre Niederlage ein und deutete eine Umbildung des Kabinetts an.
In der Hauptstadt Buenos Aires zeichnete sich ein noch deutlicherer Sieg für die Opposition ab. Hier kam die von dem FREPASO-Kandidaten Carlos Chacho Alvarez angeführte Liste den Teilergebnissen zufolge auf 57 Prozent. Der peronistische Bewerber Daniel Scioli landete mit 18 Prozent weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz, dicht gefolgt von dem früheren Finanzminister Domingo Cavallo (16 Prozent) von der neugegründeten Aktion für die Republik. Im Abgeordnetenhaus verloren die Peronisten ihre bisherige absolute Mehrheit. Insgesamt wurde über 127 der 257 Sitze des Abgeordnetenhauses abgestimmt. Die Peronisten verfügten bislang über 131 Abgeordnete, die Opposition hatte 91 Sitze. Die übrigen Abgeordneten gehören Regionalparteien an. Die rund 23 Millionen Stimmberechtigten hatten außerdem über etwa 11 000 Mandate in Gemeinde- und Provinzialräten zu entscheiden.
Der Urnengang galt als Stimmungsbarometer für die Präsidentschaftswahl 1999. Der 1995 in seinem Amt bestätigte peronistische Staatschef Carlos Menem darf dabei laut Verfassung nicht mehr antreten. Angesichts der offiziell mit 16 Prozent angegebenen Arbeitslosenrate, steigender Unzufriedenheit über die neoliberale Wirtschaftspolitik der Regierung Menem und von Korruptionsvorwürfen gegen Politiker und Staatsbeamte war damit gerechnet worden, daß die Peronisten ihre absolute Mehrheit im Parlament einbüßen würden. Das Ausmaß ihrer Niederlage kam für viele dennoch überraschend, auch wenn die Peronisten die Wahl in einigen Provinzen wie La Rioja, Jujuy, La Pampa, Salta, San Juan, San Luis und Feuerland für sich entscheiden konnten.
Innenminister Carlos Corach sprach von einem bedeutenden Sieg der Opposition und stellte eine Regierungsumbildung in Aussicht. Menem sagte, er werde in den beiden letzten Jahres seines Mandates den gleichen Kurs steuern wie bisher. Besonders gravierend ist für die Peronisten ihre Niederlage in der Provinz Buenos Aires, wo fast 40 Prozent der Stimmberechtigten leben. Der Sieg der Frepaso-Spitzenkandidatin Fernandez Mejide über ihre peronistische Gegnerin Duhalde, die selbsternannte »Evita« der 90er Jahre, schmälert die Chancen ihres Mannes, wie bislang geplant als Kronprinz von Menem in das Rennen um die Präsidentschaft einzusteigen. Der ehemalige peronistische Gouverneur von Tucuman, der Liedermacher Ramon »Palito« Ortega, sprach Duhalde bereits die Fähigkeit ab, die Peronisten zu führen und warf noch während der Stimmauszählung seinen Hut für 1999 in den Ring. Für die Opposition dürfte sich Fernandez Mejide, die Mutter eines während der Militärdiktatur verschwundenen Regimegegners, als Präsidentschaftskandidatin qualifiziert haben.
(AFP/jW)
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Ausland
-
»Wir wissen, welche Macht wir haben«
vom 28.10.1997 -
Wahlen der Lega Nord in »Padania«
vom 28.10.1997 -
Kommandoaktion für ein Kreuz im Plenum
vom 28.10.1997 -
Kolumbien: Samper feiert sich als Sieger
vom 28.10.1997