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Aus: Ausgabe vom 28.11.2015, Seite 16 / Aktion

Tun, was wirklich zählt

Warum die junge Welt etwas gegen die Bundeswehr und die etwas gegen die junge Welt hat
Protest gegen den Auftritt der Bundeswehr auf der Leipziger Buch
Protest gegen den Auftritt der Bundeswehr auf der Leipziger Buchmesse 2004

Eine derart große Klappe riskierte die Bundeswehr bisher noch nie. Eierte man noch 2004 auf der Buchmesse in Leipzig verschämt mit der Parole »Auftrag: Frieden« oder Slogans wie »Der Weg zum Frieden führt über den Schulhof« herum, redet man mittlerweile Klartext: Zum 60. Jahrestag des Wiederbelebens des deutschen Militarismus posaunte sie für mehr als zehn Millionen Euro über viele Werbeträger unübersehbar aggressives Selbstbewusstsein hinaus: »Brandherde löschst du nicht mit Abwarten und Teetrinken«, heißt es da zum Beispiel. Sondern, indem man die Nachfolger der faschistischen Wehrmacht endlich von der Kette lässt? Damit die das tun können, was nach ihrer Meinung wirklich zählt? Wessen Interessen das sind, die von ihnen schon heute am Hindukusch verteidigt werden, ist den meisten klar: Eine stabile Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes ist nach wie vor gegen bundesdeutsche Militäreinsätze. Einen solch verstockten Feind an der Heimatfront möchte man mit aufwendiger Propaganda zumindest ruhigstellen. Da trifft es sich gut, wenn sich Hilfswillige aus einem medialen Umfeld, das lange Zeit eher in der Nähe der Friedensbewegung verortet wurde, gegen klingende Münze devot »einbetten« lassen.

So nimmt es kaum noch Wunder, dass die Berliner Tageszeitung (taz) Flinten-Uschis Kriegswerbern großflächig Anzeigenplatz zur Verfügung stellt. Mindestens 13.000 Silberlinge hat der Verlag in der Rudi-Dutschke-Straße dafür bekommen, heißt es. Auch die Argumente von Geschäftsführung und Anzeigenleitung der taz, mit der man die zahlreichen Leserproteste abwehrt, passen ins Bild: Anzeigen von Konzernen und großen Unternehmen seien ein Erfolg, brüstet sich etwa taz-Anzeigenchef Jan Kniggendorf, die taz sei damit im »relevant set« des Tageszeitungsmix vertreten. Sein Geschäftsführer Andreas Bull ergänzt, es bleibe dabei, dass es in der taz keine sexistischen, rassistischen oder militaristischen Anzeigen geben würde. Wer kommt auch schon auf die Idee, die Bundeswehr für militaristisch oder gar die »Alternative für Deutschland« für rassistisch zu halten? Weshalb man Anzeigen dieser beiden honorigen Kunden in der taz offenbar guten Gewissens abdruckt. Wenig überraschend ist das auch deshalb, weil die taz schon vor Jahren ganz offen erklärte: »›The times, they are a-changin’‹. Das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht. Auch in der taz zeigt Werbung für Fortschritt und Mobilität Wirkung. Und wenn Sie ökologische Argumente für Ihre Marke haben – umso besser. Gehen Sie mit der Zeit.« Wie das zu verstehen ist, wird dann mit zwei Rädern der Geschichte illustriert: Früher, da passte das Peace-Zeichen zur taz. Heute ist es der Mercedes-Stern. Es kömmt darauf an, das Militärgerät zu verändern: Hauptsache, es hat einen Katalysator. Damit kann man dann prima den Hitler vom Amselfeld oder den von Syrien bekämpfen. Im Namen des Friedens, versteht sich. Dazu passt, dass die taz so etwas immer öfter auch in ihrem redaktionellen Teil geradezu einfordert. Was also sollte die taz gegen die Bundeswehr und die Bundeswehr gegen die taz haben?

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