Mit Humor
Von Rouven AhlSupergroups« wecken Skepsis. Denn kaum einmal haben Zusammenschlüsse von Musikern, die in bereits erfolgreichen Bands gespielt haben, die Erwartungen auf neuerliche Großtaten erfüllen können. Fans und Kritiker lassen sich allzuoft von den großen Namen und dem jedes Mal beträchtlichen medialen Getöse in die Irre führen. Am Ende stehen zumeist eine Enttäuschung und das Gefühl, einem Etikettenschwindel aufgesessen zu sein.
Ein gänzlich anderer Fall sind dagegen Crystal Fairy, was man beispielsweise schon daran erkennt, dass nur die wenigsten vor der Veröffentlichung des nach der Band benannten Debütalbums von dem Projekt wussten. Ausgangspunkt der Zusammenarbeit war eine Tour 2015, bei der Sängerin Teresa Suarez mit ihrer Punkcombo Le Butcherettes als Vorgruppe der Noise-/Alternativ-Legende The Melvins auftrat. Deren Gitarrist und Sänger Roger »Buzz« Osborne sowie Schlagzeuger Dale Crover gründeten mit Suarez kurzerhand die neue Band. Als Bassist wurde Omar Rodríguez-López ins Boot geholt, der als einer der avantgardistischen Köpfe der modernen Rockmusik gilt, seitdem er erst mit At the Drive-In den Hardcore und anschließend mit The Mars Volta den Progressive Rock revolutionierte. Die Melvins prägten ihrerseits ab Mitte der 80er Jahre den Seattle-Sound mit, den ihr Verehrer Kurt Cobain mit Nirvana Anfang der 90er in die Charts bringen sollte. Der eigene kommerzielle Durchbruch blieb ihnen dennoch verwehrt, da sie bereits damals in Richtung Avantgarde schielten.
Deshalb überrascht es durchaus, dass Crystal Fairy nun dem frühen Heavy Metal à la Judas Priest frönen. Wer aber den kruden Humor der Beteiligten kennt, dem wird schnell klar, dass sich diese dem Stil mit einer Portion Ironie genähert haben – doch ohne dabei respektlos zu sein. Man hört Suarez den Spaß deutlich an, den ihr der genretypisch hohe Gesang bereitet haben muss. In Kombination mit den bleiernen Riffs und dem schweren Schlagzeugspiel Crovers entsteht ein Sound, zu dem man die Fäuste recken, Bier trinken und einfach eine gute Zeit haben möchte. Wenn das ein Etikettenschwindel ist, ist es ein guter.
Crystal Fairy: »Crystal Fairy« (Icepac/[PIAS] Coop/Rough Trade)
Mehr aus: Feuilleton
-
Mediale Grundversorgung
vom 10.04.2017 -
Doppelkopf-Ehen
vom 10.04.2017 -
Momente des Glücks
vom 10.04.2017 -
Die Hecke stutzen
vom 10.04.2017 -
Nachschlag: Saubere Kohle
vom 10.04.2017 -
Vorschlag
vom 10.04.2017