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Aus: Ausgabe vom 08.05.2017, Seite 10 / Feuilleton
Literatur

Immer ein Haken

Von Gerd Bedszent

Der berüchtigte Kapitän Fred Unrat ist wieder auf Tour: In P. Howards »Ein Seemann aus der Neuen Welt« geht es in den Pazifik. Ein verschollener Forscher soll auf einer abgelegenen Insel aus der Gewalt kannibalischer Eingeborener befreit werden. Auftraggeber ist der gelangweilte und nach Ruhm dürstende Millionär Theobald Lincoln. Und mit von der Partie sind Jimmy Reeperbahn, der schweigsame Drugitsch sowie eine Handvoll weiterer sympathischer Straßenräuber und anderer Berufskrimineller.

Wie immer bei den schrägen Geschichten des Autors hat die Sache einen ganz besonderen Haken: Hier den, dass sich der gesuchte Forscher gar nicht auf der Insel aufhält, sondern, in einer Kiste versteckt, an Bord des Schiffes mitgeführt werden muss. Dann tauchen auch noch ein verwitweter Scharfrichter und eine geheimnisvolle Unbekannte auf. Als ein Mord geschieht und es an Bord des Schiffes gar noch zu spuken beginnt, wird es dann ganz und gar kunterbunt …

Der ungarische Autor Jenö Rejtö (1905–1943, eigentlich Jenö Reich, wegen grassierenden Antisemitismus hatte er seinen Nachnamen magyarisiert) führte ein abenteuerliches Leben, bis er sich schließlich für eine Laufbahn als Schriftsteller entschied. Unter dem Pseudonym P. Howard schrieb er umwerfend komische, subversive Parodien auf Abenteuer- und Detektivgeschichten und zog auch schon mal Werke der Weltliteratur durch den Kakao. Von seinen etwa 50 Büchern, die der Berliner Elfenbein-Verlag in einer Gesamtausgabe auf deutsch herausgeben will, ist »Ein Seemann aus der Neuen Welt« das fünfte.

Und was bringt uns diese Abenteuergroteske jetzt außer einem mächtigen Angriff auf die Lachmuskeln? Nichts Lustiges: Vor allem eine Erinnerung daran, dass der ungarische Reichsverweser Miklós Horty seinen Verbündeten Adolf Hitler beim Angriff auf die Sowjetunion nicht nur mit Truppen unterstützt hatte. Auch Zehntausende Zwangsarbeiter (meist ungarische Juden) wurden von Horty in den besetzten Osten deportiert. Nur wenige von ihnen überlebten. Der beliebte Jenö Rejtö wurde nach Denunziationen der rechtsradikalen Presse ebenfalls zur Zwangsarbeit einberufen. Er erfror am 1. Januar 1943 in einem Arbeitslager in der von den Faschisten besetzten Ukraine.

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