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Aus: Ausgabe vom 22.08.2018, Seite 11 / Feuilleton
Droste

Bayreuther Blattern

Von Wiglaf Droste

Manche wollen in Ruhe und Konzentration lesen, andere sollen im Gegenteil Zerstreuung betreiben und »Literatur erleben«. Dafür fand in Bayreuth, wo schon Richard Wagners Wahn seinen Unfrieden fand, Mitte August 2018 ein »Lesefest« statt, das »Bayreuth blättert« heißt und neben andere Glanzlichter diese setzte: ein oder einen »Gebärden-Flashmob am Jean-Paul-Denkmal«, »Pop-up-Lesungen; zu essen gab es »Food for Thought«.

Wenn das nicht Hirntod to go ist; Einsteiner oder Pichelsteiner mit Rudolf Steiner, das ist hier eine der vielen Fragen, die bei einem »völlig ungezwungenen Kommen und Gehen« geklärt werden können, wie einer der Ins-Leben-Rufer von »Bayreuth blättert« weiß, Klaus Wührl-Struller, der tatsächlich freiwillig so heißt. Man könne »beim Einkaufen kurz stehenbleiben und zuhören oder nebenan ins Café gehen«, begeisterte sich Wühr-Struller. Reichen auch in der Nase bohren und sich am Pillemann kratzen?

Egal, Hauptsache, die Angelegenheit vollzieht sich »draußen bei den Menschen«; die Formulierung legt den Umkehrschluss nahe, drinnen hinter der Tür tummelten sich die Unmenschen. »Bayreuth blättert« will keine Leser ansprechen, sondern betreibt das Geschäft der Eventhascherei und ist so unterhaltsam und geistreich wie die Apotheken Umschau und das Bayreuther Anzeigen- und Umsonstblatt Fränkische Zeitung, nach dessen Lektüre mir die Lust auf »Mitnahmepoesie« und »Mitschreibaktionen vor Leerstandsschaufenstern« ganz ungezwungen vergangen war.

Blättern kann man überall, sogar im Aufschnitt, beim Einkaufen oder beim Mobbing-Flash; geeignet sind Titel wie »Schamhaar, Shampoo, Schamanismus« oder »Einsam, zweisam, sieben, achtsam« und »Hybris, Hypnose, Hydranten. Eine Hypotenuse«. Auch »Manga, Mantra und Mandela« dürfte ein Renner werden in der Blätter-Welt, die längst die Pocken hat, die man auch Blattern nennt.

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