Dauerregen: Wenn der Jetstream mäandert
Offenbach am Main. Der Dauerregen des vergangenen Wochenendes, der großen Teilen Süddeutschlands Überschwemmungen von beträchtlichen Ausmaßen brachte, geht laut Deutschem Wetterdienst auf ein vergleichsweise seltenes Phänomen zurück. Fachleute sprechen von der Vb-Wetterlage (Vb: »fünf b«). Es handelt sich dabei um Tiefs, die nicht die viel häufigere Zugbahn von West nach Ost über Europa nehmen, sondern aus dem Süden kommend feuchte Luft aus dem Mittelmeergebiet an der Alpenostseite vorbei nordwärts schleusen. Je wärmer das Mittelmeer und die darüber befindliche Luft, desto mehr Wasser zieht mit dem Tief Richtung Norden. Die Wirkung der Vb-Tiefs ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass sie so viel Wasser mit sich führen, sondern auch aus ihrer langsamen Zuggeschwindigkeit. Dadurch fällt der Regen über einen längeren Zeitraum auf ein und dasselbe Gebiet. Dass Vb-Tiefs überhaupt solch eine auffällige Zugbahn nehmen, liegt wiederum an den Windverhältnissen in großer Höhe. Der Jetstream, das breite Band starker Westwinde, das die Arktis umgibt, schlägt derzeit weit nach Süden aus. Am Ostrand dieser Schleife, wo die Höhenströmung wieder nordwärts zieht, bewegt sich das Vb-Tief »Orinoco«, eingeklemmt zwischen zwei Hochs. Ein Mäandern des Jetstreams führt auch hierzulande häufig zu markanten, lang anhaltenden Wettererscheinungen wie wochenlangen Regenphasen oder ungewöhnlichen Hitzewellen im Herbst. Es gilt als mögliche Folge des Klimawandels. (jW)
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