EU-Beitrittsgespräche gestoppt
Von Reinhard LauterbachDie EU hat die seit Anfang des Jahres geführten Beitrittsverhandlungen mit Georgien gestoppt. Dies geht aus der Erklärung der Staats- und Regierungschefs anlässlich des EU-Gipfels in Brüssel vom Donnerstag hervor. Anlass der Entscheidung ist offenbar das Festhalten der georgischen Regierung an einem Gesetz über die Transparenz ausländischen Einflusses auf die Öffentlichkeit. Die EU kritisiert seit Wochen heftig, dass dieses Gesetz sich am Vorbild des russischen Gesetzes über »ausländische Agenten« orientiere.
Das Gesetz soll in der Öffentlichkeit tätige Vereine und Organisationen verpflichten, Geldzuflüsse aus dem Ausland bei den Behörden zu melden, wenn sie 20 Prozent ihres Gesamtbudgets übersteigen. Ein Verbot der Empfängerorganisation ist damit nicht verbunden. Gleichwohl waren Anhänger der EU-Mitgliedschaft in mehreren Großdemonstrationen gegen das Projekt vorgegangen und hatten Parlamentssitzungen durch Prügeleien lahmgelegt.
Im Unterschied dazu unterzeichnete die EU, vertreten durch den scheidenden Ratspräsidenten Charles Michel, am Donnerstag ein zehnjähriges »Sicherheitsabkommen« mit der Ukraine. Es sieht im Fall eines künftigen Angriffs auf die Ukraine vor, dass die EU innerhalb von 24 Stunden Beratungen mit Kiew aufnimmt. Außerdem soll die EU das Land mit 50 Milliarden Euro innerhalb von vier Jahren unterstützen und langfristig mit der dortigen Rüstungsindustrie zusammenarbeiten. Die Absicht, die Ukraine in die EU aufzunehmen, wird bekräftigt, ohne jedoch genaue Daten zu nennen. Eine Verpflichtung zur direkten militärischen Verteidigung der Ukraine ist nicht vorgesehen. Die Bestimmungen des Vertrags gehen in der Sache nicht über das hinaus, was auch in den inzwischen über 20 bilateralen Sicherheitsabkommen der Ukraine mit einzelnen westlichen Staaten enthalten ist.
Das Besondere des Abkommens ist eher, dass die Kontinuität der Finanz- und Rüstungshilfe aus Westeuropa für den Fall abgesichert werden soll, dass in einzelnen Mitgliedsländern sogenannte »Populisten« an die Macht kommen und den Kriegskurs des Brüsseler Mainstreams nicht mittragen wollen. Der nächste Kandidat für diese Option könnte schon bald Frankreich sein: Der Spitzenkandidat des rechten Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, hat bereits angekündigt, mit ihm werde es keine Entsendung französischer Truppen in die Ukraine geben. Dies hatte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in den vergangenen Monaten mehrfach ins Spiel gebracht hat, zuletzt war es stiller um die Idee geworden.
Eine ähnliche Tendenz zur Verlagerung der Federführung der Ukraine-Unterstützung ist auf seiten der NATO zu beobachten. Das Militärbündnis will in seinem Europahauptquartier in Wiesbaden eine neue Stabsstelle einrichten, um die Versorgung der Ukraine mit Rüstungsmaterial zu koordinieren. Geplant ist, bis auf weiteres jährlich Waffen und Ausbildung im Wert von mindestens 40 Milliarden US-Dollar bereitzustellen. Ziel sei, so die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita, Russland einen ähnlichen Rüstungswettlauf aufzuzwingen, wie er vor 40 Jahren die Sowjetunion ruiniert habe. Eine Einladung zum NATO-Beitritt an die Ukraine soll es allerdings wohl auch beim bevorstehenden Gipfel des Bündnisses in Washington im Juli nicht geben. Unter anderem die USA und die BRD seien dagegen, ist zu lesen.
Die geplante Stabsstelle soll zwar von einem US-General geleitet werden, aber nicht der Regierung in Washington, sondern dem NATO-Generalsekretär unterstellt sein. Korrespondenten bürgerlicher Blätter in Brüssel sahen dies als »Vorsichtsmaßnahme« für den Fall eines Sieges von Donald Trump bei den US-Präsidentenwahlen. Das militärische Engagement für Kiew solle von innenpolitischen Launen der US-Bevölkerung abgekoppelt werden.
Bei seinem Besuch in Brüssel am Donnerstag bekundete der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij Interesse, den Krieg schnell zu beenden. Noch vor Jahresende solle es einen weiteren Gipfel unter Beteiligung Russlands geben. An der Forderung, vor allen Verhandlungen müsse sich Russland aus der gesamten Ukraine einschließlich der Krim zurückziehen, hielt Selenskij allerdings fest.
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