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Aus: Ausgabe vom 04.07.2024, Seite 7 / Ausland
Menschenrechte

Kampf für Peltier geht weiter

USA: Bewährungskommission lehnt Haftentlassung des politischen Langzeitgefangenen ab. Nächste Möglichkeit der Anhörung 2039
Von Michael Koch
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Seit Jahrzehnten zu Unrecht inhaftiert: Der indigene Aktivist Leonard Peltier (USP Coleman, 1.1.1993)

Die Entscheidung der Bewährungskommission (U. S. Parole Commission, USPC) über eine Freilassung des 79jährigen indigenen politischen Gefangenen Leonard Peltier war erst Ende der Woche erwartet worden. Doch das Urteil selbst konnte trotz aller Hoffnungen Peltiers und seiner Anwälte und Unterstützer nicht ganz überraschen. Am Dienstag verkündete die USPC nach 1995 und 2009 nun erneut, dass sie eine Haftentlassung Peltiers auf Bewährung ablehne. Im Vorfeld hatten sich mehr als 40.000 Menschen in Petitionen für den seit mehr als 48 Jahren inhaftierten Aktivisten des American Indian Movements (AIM) bei der USPC eingesetzt, darunter zahlreiche NGOs und Menschenrechtsgruppen, aber auch Prominente wie Papst Franziskus.

Erst wenige Tage zuvor hatte Peltier in einer Stellungnahme anlässlich des Oglala Commemoration Days am 26. Juni erklärt, dass Hoffnung eine schwierige Sache sei und seine Unterstützer nicht trauern sollten, wenn auch der jüngste Bewährungsantrag abgelehnt werde. Der Commemoration Day heißt seit 2013 auch Leonard Peltier Day und erinnert an jenen tödlichen Schusswechsel, bei dem 1975 der junge AIM-Aktivist Joe Stutz und die FBI-Beamten Jack Coler und Ronald Williams getötet worden waren. Es waren die Ereignisse jenes Tages, die das weitere Schicksal Peltiers und seine anhaltende Haft bis zum heutigen Tag bestimmten.

Denn Peltier soll laut FBI für den Tod seiner beiden Agenten verantwortlich sein und wurde daher 1977 zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Der von Polizei und Justiz durch keinerlei Beweise unterlegten Behauptung, Peltier sei ein eiskalter Mörder, der bis heute keine Reue zeige, steht eine ganz andere Erzählung entgegen, die auf eindeutigen Fakten basiert. Hintergrund der Gewalteskalation vor 49 Jahren war der tödliche Konflikt zwischen einer korrupten Stammesregierung und deren vom FBI und anderen Polizeieinheiten aufgerüsteten Todesschwadron Guardians of Oglala Nation einerseits sowie Teilen der Stammesbevölkerung andererseits. In dieser Phase fast bürgerkriegsähnlichen Terrors mit mehr als 50 Toten unter den Indigenen wurden das AIM und somit auch Peltier zum Schutz in die Pine Ridge Reservation der Oglala Lakota Nation gerufen. Nach der Schießerei vom 26. Juni wurde Peltier dann als Sündenbock präsentiert.

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Auch in Deutschland wurde am Leonard Peltier Day demonstriert (Leipzig, 26.6.2024)

Die Ablehnung vom Dienstag stieß weltweit auf Unverständnis. Wut und Zorn richten sich vor allem gegen das FBI, das auch bei der Bewährungsanhörung am 10. Juni seine alten Anschuldigungen gegen Peltier vorgetragen hatte. Und sie richten sich zu Recht auch gegen die USPC und deren an Zynismus kaum mehr zu überbietende Ausführung, Peltier könne 2039 erneut einen Antrag auf Bewährung stellen. Da wäre der indigene Gefangene, falls er noch lebte, 94 Jahre alt und mehr als 62 Jahre in Haft.

Leonard Peltier schrieb bereits vor Bekanntgabe der Entscheidung: »Ich zähle auf euch, wenn diese Entscheidung nicht in meinem Sinne ausfällt (…). Schließt euch zusammen, knüpft eure Beziehungen, schließt Allianzen. In unserer gemeinsamen Kraft finden wir Stärke. Haltet euren Kopf hoch! Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist!« Peltier und seine Anwälte haben Widerspruch gegen die jüngste Ablehnung angekündigt. Eine Entscheidung darüber kann allerdings Monate auf sich warten lassen. Parallel wollen Peltiers Anwälte erneut einen Antrag auf Compassionate release stellen, eine Haftentlassung aus humanitären Gründen. Und dann bleibt weiterhin die Möglichkeit einer Begnadigung Peltiers im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfes durch Joseph Biden. Es bleibt also Hoffnung für den Mann, der am 12. September 80 Jahre alt wird.

Unterschriftenlisten und Postkarten für Peltiers Freiheit gratis bei lpsgrheinmain@aol.com

Aktuelle Infos unter leonardpeltier.de

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  • Leserbrief von Stefan zur Linden aus Leipzig (4. Juli 2024 um 11:40 Uhr)
    Leonhard Peltier muss endlich freikommen. Es schmerzt sehr, dieses Unrecht zu sehen. Unterstützt ihn bitte! Ich habe schon viele Lakota-Schwitzhütten in Deutschland erlebt. Die Kraft dieser Zeremonien ist unbeschreiblich. Dort ist der Ursprung zum Dasein, zur Natur. Viel haben wir in unserer Zivilisation schon lange verloren. Zeit, dass sich in jedem von uns was ändert. Danke.

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