Deutscher Einfluss im Sahel schwindet
Von Karim NatourNeben Frankreich muss auch die Bundesrepublik zähneknirschend die veränderten Kräfteverhältnisse in Westafrika anerkennen. »Europa spielt im Sahel kaum noch eine Rolle«, so Ulf Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in der malischen Hauptstadt Bamako gegenüber der dpa. Hintergrund ist eine Ankündigung des deutschen Verteidigungsministeriums vom Sonnabend. Demnach soll die letzte Basis der Bundesrepublik in der Region – ein Lufttransportstützpunkt in Nigers Hauptstadt Niamey – bis zum 31. August geschlossen werden. Die 100 Soldaten sollen nach Deutschland zurückverlegt werden. Auch die vom Auswärtigen Amt verantwortete militärische Kooperation soll »nicht weiterverfolgt« werden. In Bereichen wie dem Sanitätsdienst werde die Ausbildungshilfe fortgesetzt.
Der Mitteilung vorausgegangen waren nach einer Übergangsvereinbarung vom Mai Verhandlungen über die weitere Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Laut dem SPD-geführten Ministerium liegen die Positionen »zu weit auseinander«. Demnach wurden von Niger keine Immunitäten für das deutsche Personal gewährt. Niamey hatte wiederum die Ausbildung nigrischer Soldaten durch die Bundeswehr und Waffenlieferungen gefordert.
Der Stützpunkt war logistisches Drehkreuz der UN-Mission Minusma zur »Stabilisierung« des Nachbarlands Mali. Minusma war Ende vergangenen Jahres auf Forderung der Militärregierung in Mali beendet worden. Nach von der Bevölkerung begrüßten Staatsstreichen in Mali und Burkina Faso hatte Niger als letzter Verbündeter der EU und der USA in der Sahelzone gegolten – bis im Juli vergangenen Jahres auch dort das Militär die Macht ergriff. Auch die USA verlassen an diesem Wochenende ihre Basis in Niamey, wie AFP berichtete. Später soll zudem die strategisch wichtige Drohnenbasis in Agadez geräumt werden. Bis zum 15. September sollen alle US-Truppen das Land verlassen haben. Gegen die neokoloniale Politik des Westens setzen die drei Staaten zunehmend auf ein Bündnis mit Moskau. Der Niger beherbergt seit einigen Monaten russisches Militärpersonal auf einer Basis in Niamey.
Die drei Staaten haben derweil bei einem ersten offiziellen Gipfel in Niger am Sonnabend ihre Pläne zur verstärkten Zusammenarbeit besiegelt und eine Konföderation gegründet. Im Januar waren sie aus der prowestlichen westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS (Economic Community Of West African States) ausgetreten. Im März stellten sie eine gemeinsame Truppe zur Bekämpfung von Dschihadistenmilizen auf, die seit rund einem Jahrzehnt in der Region aktiv sind. Zukünftig soll im Rahmen der »Allianz der Sahelstaaten« (AES) auch in den Bereichen Landwirtschaft, Energie und Transport vermehrt kooperiert werden.
Bei der deutschen »Unterstützung« der Regierungen in Westafrika ging es nie um »Entwicklungshilfe« und Altruismus, sondern konkrete Interessen. Während die ehemalige Kolonialmacht Frankreich traditionell der Hegemon in der Region war und mittels der CFA-Währung bis heute die Ökonomien westafrikanischer Staaten dominiert, sind für die Bundesrepublik vor allem Migrationsströme relevant. »Der Stützpunkt war die letzte Hoffnung, dass Deutschland noch ein bisschen Einfluss hat in einem Land, durch das die Hauptmigrationsroute von Subsaharaafrika nach Libyen führt« erklärte Ulf Laessing von der KAS dazu unverblümt.
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