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04.07.2024, 18:47:58 / Ausland
Menschenrechte

Brasilien: Kommission zur Militärdiktatur wiedereingesetzt

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Demonstration zum Gedenken an die Opfer der Militärdiktatur zum Jahrestag des Putsches von 1964 (Rio de Janeiro, 1.4.2023)

Brasília. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat die Wiedereinsetzung einer Untersuchungskommission für die politischen Verbrechen während der Militärdiktatur verfügt. Lulas am Donnerstag veröffentlichter Erlass hebt die Entscheidung seines ultrarechten Vorgängers Jair Bolsonaro zur Beendigung der Arbeit der Kommission auf und kündigt »die Wiederaufnahme ihrer Aktivitäten« an.

Die Sonderkommission für die Toten und Verschwundenen war im Jahr 1995 gegründet worden. Bolsonaro löste sie kurz vor dem Ende seiner Amtszeit im Dezember 2022 auf. Unter der brasilianischen Militärdiktatur waren laut einem Bericht einer Nationalen Wahrheitskommission aus dem Jahr 2014 insgesamt 434 Menschen im Auftrag des Militärs ermordet worden oder spurlos verschwunden. Hunderte Menschen wurden willkürlich eingesperrt und gefoltert. Wegen eines Amnestiegesetzes aus dem Jahr 1979 wurden die Täter in Brasilien aber nie zur Rechenschaft gezogen.

Lula, der schon zwischen 2003 und 2010 brasilianischer Präsident war, ist seit Januar 2023 wieder Staatsoberhaupt des südamerikanischen Landes. Mehrere Menschenrechtsgruppen hatten ihn seit seiner Rückkehr ins Amt dazu aufgefordert, die Kommission wiedereinzusetzen. Der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär war Ende März in die Kritik geraten, als er die Gedenkfeierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Militärputsches abgesagt hatte. Mit dem Putsch hatte das Militär am 31. März 1964 den damaligen Präsidenten João Goulart abgesetzt.

Lula, der während der Diktatur mehrere Streiks organisierte, hatte die Absage damit begründet, dass der Putsch »bereits Teil der Geschichte« sei. »Ich mache mir mehr Sorgen über den Staatsstreich vom 8. Januar 2023 als über den von 1964«, sagte er.

An diesem Tag hatten Anhänger Bolsonaros aus Protest gegen die Wahlniederlage des damaligen Präsidenten den Präsidentenpalast, den Kongress und den Obersten Gerichtshof gestürmt. Gegen Bolsonaro laufen mehrere Ermittlungsverfahren, unter anderem wird er verdächtigt, nach der Wahlniederlage einen Putsch geplant zu haben. (AFP/jW)

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