Mehr Jobs sollen wegfallen, und früher
Von Gudrun GieseDie Ministerpräsidentin des kleinsten Flächenbundeslandes schien überrascht. Es handele sich um eine »nicht schöne Botschaft« für den Standort Saarbrücken, sagte Anke Rehlinger (SPD) gegenüber dem Saarländischen Rundfunk (SR) am Montag. Eigentlich sollten beim Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen erst im Jahr 2030 Arbeitsplätze wegfallen. Aber vergangene Woche hatten Medien berichtet, dass allein im Werk Saarbrücken bis Ende 2026 etwa 2.900 Stellen gestrichen werden sollen.
Intern habe die ZF-Leitung laut SR auf zu hohe Kosten in dem Werk verwiesen, die einen früheren Abbau erforderten. Rehlinger sieht den weltweiten Wettbewerb bei Elektroautos als Hauptgrund für die Krise. Sie forderte klare Signale der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments für die Unterstützung, um der Autobranche Planungssicherheit zu geben. Mit einem Anstieg der Nachfrage nach E-Autos »Made in Europe« könne die Produktion erhöht werden, was auch Arbeitsplätze sichere. Keinesfalls dürfe es ein Zurück vom für 2035 geplanten EU-weiten Ende der Automobile mit Verbrennungsmotor geben, so die saarländische Ministerpräsidentin.
Daneben könnte auch der verzögerte Baustart einer im Saarland geplanten Halbleiterfabrik des US-amerikanischen Chipherstellers Wolfspeed eine Rolle beim Stellenabbau von ZF spielen. Am 1. Februar 2023 hatte das saarländische Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie die Ansiedlung in Ensdorf bei Saarlouis groß angekündigt. Neben Wolfspeed wollte sich ZF Friedrichshafen am Investment beteiligen. Die Ansiedlung bedeute »für das Saarland einen wichtigen technologischen Sprung hin zu Elektromobilität und grüner Energiewirtschaft«, hieß es noch im April dieses Jahres aus dem Ministerium zu dem geplanten Projekt.
Allerdings geht es derzeit nicht voran mit dem Baubeginn, berichtete Reuters Ende Juni. Für Mitte 2025 sei nun der erste Spatenstich geplant, nachdem ursprünglich ein Start im Jahr 2023 angepeilt worden war. Ein Sprecher hatte laut Reuters erklärt, dass das Unternehmen sich noch um die Finanzierung des neuen Werks bemühe. Druck auf Wolfspeed übten demnach Investoren aus, insbesondere »Jana Partners«, der mit 3,62 Prozent achtgrößte Anteilseigner, dem weder die Entwicklung des Umsatzes noch des Aktienkurses gefalle. Wolfspeed solle die Interessen der Investoren stärker berücksichtigen. Nötigenfalls könne auch das gesamte Unternehmen verkauft werden, hieß es auf dem Portal golem.de am 24. Juni. Wolfspeed hält am Projekt in Ensdorf fest, zumal für das geplante Werk bereits Genehmigungen der EU-Kommission für die von Bundes- und Landesregierung zugesagten Subventionen vorliegen.
Arbeitsplätze sind bei ZF Friedrichshafen auch an anderen Standorten gefährdet: Am Hauptsitz drohe ein regelrechter Kahlschlag, hieß es im Manager-Magazin mit Verweis auf Achim Dietrich, Betriebsratschef des bundesweit drittgrößten Autozulieferers. Dietrich hatte Ende März bei einer Versammlung der IG Metall in Hannover über ZF-Pläne berichtet, bis 2032 insgesamt rund 9.000 Stellen in den bundesdeutschen Werken zu streichen. Gefährdet sollen demnach auch Stellen am Standort Brandenburg an der Havel sein, wo Getriebe für Verbrenner-Porsche gebaut werden. Der Stuttgarter Autobauer setzt selbst zunehmend auf die Produktion von Elektroautos, hieß es am Dienstag auf dem Portal bw24.de. Ein Sprecher von ZF sagte laut Manager-Magazin, dass die von Betriebsratschef Dietrich genannten Stellenstreichungen »spekulativ« seien. Komme es zum Stellenabbau, würde man ihn sozialverträglich und ohne Kündigungen gestalten.
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