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Aus: Ausgabe vom 27.07.2024, Seite 1 / Titel
Gazakrieg

Harris bewährt sich

Nahostkonflikt: Netanjahu beendet US-Reise. Vizepräsidentin schwingt Reden und verurteilt Demonstranten. Aufrufe zu Waffenstillstand
Von Jakob Reimann
Handschlag mit Kriegsverbrecher: Scharfe Worte fand US-Vizepräsidentin Harris vor allem gegen Demonstranten (Washington, 25.7.2024)
Die Demonstranten in Washington sahen die Verhältnisse klarer als ihre Regierung und forderten eine Verhaftung des Kriegsverbrechers Netanjahu (25.7.2024)

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist weiter auf US-Tournee. Nach seiner Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses und einem Treffen mit US-Präsident Joseph Biden traf sich Netanjahu auch zu Gesprächen mit dem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Donald Trump, sowie mit dessen voraussichtlicher Kontrahentin der Demokraten, Kamala Harris. Das Treffen mit Trump am Freitag war laut AP das erste Treffen der beiden rechten Politiker nach fast vier Jahren. Damals hatte Netanjahu nach der US-Präsidentschaftswahl 2020 Biden als einer der ersten Staatschefs überhaupt zum Sieg gratuliert, was ihm Trumps Groll einbrachte: »Er hat einen schrecklichen Fehler gemacht«, so der Wahlverlierer damals. Das Treffen in Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida sollte nun eine Versöhnung einleiten.

Nach ihrem Treffen mit Netanjahu am Donnerstag abend erzählte US-Vizepräsidentin Harris Reportern, wie sie als kleines Kind Geld gesammelt habe, um in Israel Bäume zu pflanzen, und dass sie ein »unerschütterliches Engagement« für das Land habe. »Israel hat das Recht, sich zu verteidigen«, wiederholte Harris auch nach mehr als neun Monaten eines laut Internationalem Gerichtshof »plausiblen« Genozids in Gaza diese oft gehörte Floskel. Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 waren durchaus auch Worte des Mitgefühls für das Leid der Palästinenser von Harris zu vernehmen, und insbesondere der progressive Flügel der Demokraten hofft unter ihrer Präsidentschaft auf eine Abkehr der bedingungslosen Unterstützung Israels durch die USA. Doch beim Thema Israel »bestehen inhaltlich kaum Unterschiede zwischen ihr und dem Präsidenten«, resümierte CNN, auch wenn sie erklärte: »Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden«.

Am Mittwoch war Harris der Rede Netanjahus im Capitol ferngeblieben, was sie aber nicht davon abhielt, sich zu den Protesten gegen den Besuch des israelischen Regierungschefs zu äußern. Doch anstatt etwa die Polizeigewalt zu verurteilen, feuerte sie Salven in Richtung der Demonstranten. Bei ihnen habe sie »verabscheuungswürdige Handlungen« und »gefährliche, von Hass geschürte Rhetorik« ausgemacht, heißt es in einem am Tag darauf vom Weißen Haus veröffentlichten Statement. Da mehrere US-Flaggen in Brand gesetzt wurden, bezeichnete sie die Protestierenden als »unpatriotisch«, denn dieses »Symbol für unsere höchsten Ideale als Nation« dürfe »niemals auf diese Weise entweiht werden«.

Unterdessen forderten die Premierminister Australiens, Kanadas und Neuseelands am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung eine »umfassende Waffenstillstandsvereinbarung« für Gaza, da das menschliche Leid dort »inakzeptabel« sei. »Die palästinensische Zivilbevölkerung darf nicht den Preis für den Sieg über die Hamas zahlen müssen«, heißt es weiter. In einem offenen Brief an Biden und Harris forderten auch 45 Ärzte und Pflegekräfte aus den USA, die in den vergangenen Monaten als Freiwillige in Krankenhäusern in Gaza gearbeitet hatten, sich für ein Ende des Krieges einzusetzen. »Wir können die Szenen unerträglicher Grausamkeit gegenüber Frauen und Kindern, die wir selbst miterlebt haben, nicht vergessen«, heißt es in dem Brief. »Wir wünschten, Sie könnten die Rufe und Schreie hören, die unser Gewissen uns nicht vergessen lässt«, so der Appell an den wichtigsten Kriegsverbündeten Israels. »Wir können nicht glauben, dass jemand, nachdem er gesehen hat, was wir gesehen haben, weiterhin das Land bewaffnet, das diese Kinder vorsätzlich tötet.«

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (26. Juli 2024 um 20:40 Uhr)
    Albright, Baerbock, Harris, in dieser aufsteigenden Folge.

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