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Aus: Ausgabe vom 28.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Haushaltsdebatte in Spanien

Zerreißprobe Haushalt

Spanien: Linke Oppositionspartei Podemos bindet Zustimmung zum Haushalt an konkrete Bedingungen. Fortbestand der Regierung auf der Kippe
Von Carmela Negrete
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Ione Belarra bei »Uni de Otoño«, Podemos’ »Herbstuniversität« (Madrid, 19.10.2024)

Bis Sonntag sollte die Basis der spanischen Linkspartei Podemos online auf eine ganz konkrete Frage antworten: Sollen ihre vier Abgeordneten der Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez Bedingungen für die Zustimmung zum Haushalt stellen? Schließlich ist die Koalition aus Sozialdemokratischer Partei (PSOE) und dem Linksbündnis Sumar auf jede einzelne Stimme angewiesen. Die konkreten Forderungen wären zum einen, alle Beziehungen zu Israel, insbesondere die Waffengeschäfte zu unterbinden; außerdem soll die Regierung die Mieten um 40 Prozent senken. Ein Ergebnis lag bis jW-Redaktionsschluss am Sonntag nicht vor.

Der Sprecher von Podemos im Abgeordnetenkongress, Javier Sánchez Serna, hatte die Forderungen am vergangenen Dienstag erläutert. Mietzahlungen in neu verhandelten oder abgeschlossenen Mietverträgen sollen um 40 Prozent reduziert werden. Für Neuvermietungen solle eine Obergrenze von 60 Prozent der durchschnittlichen Miete in Spanien gelten. Die Maßnahmen sollen in alle Orten mit mehr als 200.000 Einwohnern greifen, wo die Mieten gegenüber dem Landesdurchschnitt um 33 Prozent und mehr erhöht wurden. Auch sollen keine Wohnungen gekauft werden dürfen, wenn die Käufer nicht mindestens vier Jahren dort leben wollen. Das soll die Spekulation mit Wohnraum begrenzen. Jeder Kauf, der nicht für den Wohngebrauch oder für Verwandte »bis zum zweiten Grad bestimmt« sei, solle nicht erlaubt sein, so Sánchez Serna. In Ausnahmefällen sollen Wohnungen nur durch die öffentliche Verwaltung und zu sozialen Preisen vermietet werden. Eine weitere Forderung ist, dass Sicherheitsfirmen, die sich auf die Verdrängung von Menschen aus Wohnungen spezialisiert haben, verboten werden. Das bekannteste Beispiel ist die Firma »Desokupa« des Neonazis Daniel Esteve. Deren »gewaltätige und erpresserische Aktivität« sei als Hassverbrechen gegen Arme zu bewerten.

Die Regierungslinke ist dagegen. Der Sumar-Abgeordnete und Chef der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), Enrique Santiago, entgegnete im öffentlich-rechtlichen Radio Nacional de España (RNE), das Bündnis arbeite nicht mit »propagandistischen, sondern mit seriösen Maßnahmen«. Während die Immobilienpreise in Madrid sicherlich um 40 Prozent gestiegen sind, treffe das an »einem Ort wie Mieres wahrscheinlich nicht zu«, so Santiago. Dennoch sei offensichtlich, dass ein Eingreifen bei den Mietpreisen nötig ist. Podemos fasste den Kommentar als Affront auf: Denn gerade das Bündnis Sumar beschwört öffentlich immer wieder eine »Einheit« der linken Kräfte in Spanien.

Um den spanischen Haushalt bis Ende 2025 mit mindestens 176 von 350 Stimmen zu beschließen, braucht Ministerpräsident Sánchez nicht nur seinen Koalitionspartner Sumar, sondern auch die katalanische ERC, die Basken von Bildu und PNV sowie die Stimmen von Podemos und kleineren regionalen Parteien. Erreicht er sie nicht, würde der Haushalt von 2024 automatisch verlängert, was als Niederlage für Sánchez gewertet wird. Da Spanien auf ähnliche Situationen immer wieder mit Misstrauensvoten reagierte, könnte die Regierungskoalition im Frühjahr vor Neuwahlen stehen.

Hinzu kommt ein zunehmend zerrüttetes Ansehen des Linksbündnisses. Nach der Spaltung von Podemos im Dezember hatten dessen Abgeordnete die Regierung und die gemeinsame parlamentarische Gruppe verlassen. Noch sind PCE und auch kleinere Parteien wie Más Madrid oder Sumar mit gleichem Namen in der Koalition vertreten. Doch interne Differenzen machen immer wieder Schlagzeilen. So trat der parlamentarische Sprecher von Más Madrid, Íñigo Errejón, wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung zurück. Gegenüber seiner Partei soll ihr Gründer seine Schuld bereits vor Wochen eingestanden haben. Sollte der Umgang des Bündnisses mit den Podemos-Forderungen die Schwächung von Sumar fortsetzen, könnte das zu einer Regierungskrise in Spanien führen.

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