Ausstand gegen Reallohnverlust
Von Dieter ReinischJahrelang hatten Gewerkschaften gegen die Kürzungspolitik der konservativen Regierung in Großbritannien gekämpft: Lehrer, Pfleger, Ärzte und andere Angestellte des öffentlichen Diensts legten die Arbeit nieder. Die Hoffnung vieler war groß, dass eine Labour-Regierung höhere Lohnabschlüsse anbieten würde. Allerdings ist das Verhältnis zwischen den Gewerkschaften und Keir Starmer seit seinem Antritt angespannt. Nun droht eine neue Streikwelle. Denn die zuständigen Ministerien haben am Dienstag ein Papier veröffentlicht, in dem sie ein Lohnplus von mickrigen 2,8 Prozent im öffentlichen Dienst empfehlen. Das wäre weniger als die vom konservativen Vorgänger Rishi Sunak oft ausgegebene Obergrenze von drei Prozent. Viele Gewerkschafter bezeichneten das Angebot als Beleidigung. Die empfohlene Gehaltserhöhung könnte von der Inflation nahezu vollständig aufgefressen werden. Diese schätzt eine Prognose des Finanzministeriums für die Periode 2025/26 auf 2,6 Prozent.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Gewerkschaft Unison, Helga Pile, kritisierte die Empfehlungen: Bessere Arbeitsbedingungen seien »ein zentrales Versprechen der Regierung« gewesen, »aber die vorgeschlagene Gehaltserhöhung liegt kaum über den Lebenshaltungskosten«. Auch die Generalsekretärin von Unite, Sharon Graham, meinte, die Gehaltsempfehlung sei »eine Beleidigung für engagierte Mitarbeiter des nationalen Gesundheitsdiensts (NHS) und ein weiterer Beweis dafür, dass das Gehaltsüberprüfungsgremium irreparabel kaputt ist«. Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der Lehrergewerkschaft NEU, Daniel Kebede, der den vorgeschlagenen Tarifvertrag »nicht akzeptabel« nannte. »Die Lehrergehälter sind seit 2010 real um über ein Fünftel gekürzt worden, was den Lebensstandard der Lehrer beeinträchtigt und die Wettbewerbsposition des Lehrerberufs schädigt.« Labour würde »die gescheiterte konservative Sparpolitik fortsetzen«. Paul Novak, Chef des Gewerkschaftsverbands TUC, fragte sich, wie die Krise im Bildungs- und Gesundheitssektor gelöst werden soll, wenn es keine Gehaltserhöhungen gibt. Mit den immer weiter sinkenden Reallöhnen könne kein qualifiziertes Personal angeworben werden, wird er auf Labourlist zitiert.
Das Finanzministerium hatte in den vergangenen Wochen betont, dass Gehaltserhöhungen direkt aus den bestehenden Budgets der Ministerien finanziert würden. »Harte Entscheidungen« müssten gefällt werden, um den staatlichen Haushalt unter Kontrolle zu bekommen. Novak kommentierte, es sei schwer vorzustellen, »woher öffentliche Dienste, die in den vergangenen 14 Jahren von den Konservativen bis auf die Knochen zusammengespart wurden, Geld für Gehaltserhöhungen finden sollen«. Gegenüber der BBC gab der Ärzteverband BMA bereits bekannt, dass ein »sehr, sehr großes Risiko« weiterer, landesweiter Streiks im Gesundheitswesen besteht. Doch Downing Street hat bereits eine Lösung: Wenn Lehrer und Ärzte eine Reallohnerhöhung wollen, »müssen sie ihre Produktivität steigern«, so der Sprecher von Starmer zur BBC.
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