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Aus: Ausgabe vom 27.12.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Geldpolitik

Koloniale Währung

Zentralafrika befindet sich in einer Wirtschaftskrise. Eine erneute Abwertung des CFA-Franc kündigt sich an
Von Joaquín Mbomío Bacheng
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Der CFA-Franc: Bewährtes Zahlungsmittel, das eine eigenständige Finanzpolitik allerdings ausschließt

Ein kursorischer Blick auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara führt zu einer ersten Feststellung: Den nichtfrankophonen Ländern geht es wirtschaftlich besser als den Ländern, die über ihre Währung, den CFA-Franc, an Frankreich gebunden sind. Dies gilt insbesondere für Nigeria, die bestimmende Regionalmacht in Westafrika, dann für Südafrika, die größte Volkswirtschaft des Kontinents, und für das kleine Ruanda, das weithin als aufsteigender Stern der afrikanischen Wirtschaft angesehen wird. Diese drei Länder haben ihre eigenen Währungen, die nichts mit dem CFA-Franc zu tun haben, aber ihre Volkswirtschaften strahlen auf den Kontinent aus.

Es ist nicht die Währung, die die Wirtschaft macht. Umgekehrt: Eine funktionierende Wirtschaft stärkt die jeweilige Währung. Die meisten frankophonen Länder weisen kaum eine nennenswerte eigene Produktion auf und damit auch keine Wertschöpfung. Dort dominiert ein dirigistisch agierendes politisches Personal aus überkommenen neokolonialen Zeiten, das in seiner Selbstherrlichkeit der Bevölkerung immer wieder unhaltbare Versprechungen macht.

Ein Treffen alter Männer

Bei Finanz- oder Wirtschaftskrisen werden nicht etwa Experten wie Banker und andere Finanzfachleute gerufen. Vielmehr treffen sich eben jene Politiker – Regierungs- und Staatschefs –, um Lösungen zu finden, finanziell und wirtschaftlich. So fand am 16. Dezember in Kameruns Hauptstadt Jaunde ein außerordentlicher Gipfel der Staatschefs der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CEMAC) statt.

Anwesend war als Gastgeber Kameruns 91jähriger Präsident Paul Biya, der seit 1982 die Geschicke seines Landes, des volkswirtschaftlich größten der CEMAC-Zone, lenkt. Hinzu kamen neben Präsident Faustin-Archange Touadéra aus der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) und Übergangsstaatschef Brice Oligui Nguema aus Gabun der 82jährige Teodoro Obiang Nguema aus Äquatorialguinea, der schon seit 1979 im Amt ist, und der 81jährige Denis Sassou N’Guesso aus der Republik Kongo, der in den 1970er Jahren an die Macht gekommen war. Nur Tschad entsandte lediglich seinen Finanzminister Tahir Hamid Nguilin. Dieses politische Personal soll also die tiefe Krise lösen, in der sich die CFA-Franc-Zone nicht erst seit heute befindet.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise der CFA-Franc-Zonen in West- (UEMOA) und Zentralafrika (CEMAC) ist strukturell bedingt und macht sich heute mehr denn je durch einen Mangel an Devisen, fehlende Liquidität und erdrückende Schulden bemerkbar. Die Bevölkerung muss dafür seit langem mit sozialem Kahlschlag bezahlen. Anlass des Sondergipfels in Jaunde war die Vorhersage, dass die Devisenreserven der CEMAC-Zone innerhalb von etwas mehr als zwei Monaten erschöpft sein würden, so dass die Importe zusammenbrächen. Als Reaktion auf diese Situation steht eine Abwertung des CFA-Franc an. Es wäre die erste seit 1994, auch wenn ein solcher Schritt offiziell noch nicht bestätigt ist.

Mehrere Faktoren erklären die multidimensionale Krise in der CFA-Franc-Zone: die in den Ländern verankerte Korruption, die Misswirtschaft und die offensichtliche Inkompetenz der politischen Klasse, die das Personal von Regimen stellt, die in völligem Widerspruch zu den Realitäten der globalisierten Weltwirtschaft stehen. Obwohl eine Währung, die so viele Länder vereint, eigentlich ein Vorteil sein sollte, wie etwa beim Euro in der Europäischen Union, ist in Afrika das Gegenteil der Fall. Der CFA-Franc wird in zwei Zonen verwendet. In Westafrika umfasst die UEMOA Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Guinea-Bissau, Mali, Niger, Senegal und Togo. In Zentralafrika besteht die CEMAC aus Kamerun, der Republik Kongo (Brazzaville), Gabun, Äquatorialguinea, der ZAR und Tschad. Alle diese Länder haben keine Industrie. Sie haben eine primäre, elementare Wirtschaft und betreiben vor allem den Export ihrer natürlichen und landwirtschaftlichen Ressourcen. Gewinne werden dabei oft im Ausland abgeschöpft und kehren nur spärlich zu den Erzeugerländern zurück, die so regelrecht ausgeblutet werden.

Folgenlose Kritik

Der Franc de la Communauté Française d’Afrique (CFA-Franc) wurde von Frankreich eingeführt, um seine kolonialen Unternehmungen in Afrika abzusichern. Er war nie eine Währung für wirtschaftliche Investitionen. Der CFA-Franc dient lediglich als Tauschwährung für den Kauf und Verkauf innerhalb der afrikanischen Import-Export-Wirtschaft. In Afrika ist die Debatte über den CFA-Franc daher zu einem beherrschenden Thema geworden. Man kann damit Wahlen gewinnen. Es gehört zum guten Ton, auf Versammlungen den CFA-Franc als neokoloniale, von Frankreich aufgezwungene Währung anzuprangern.

Doch keine mit Finanzen befasste Einrichtung im Bereich der CEMAC tritt ernsthaft für eine Abkehr vom CFA-Franc ein. Die Währung ist zudem nicht mehr eine Angelegenheit bloß Frankreichs. Die großen Bretton-Woods-Institutionen, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank haben den CFA-Franc akzeptiert und abgesegnet. Bis heute bietet kein afrikanisches Land eine Alternative zu diesem Zahlungsmittel kolonialen Ursprungs, auch wenn die Verwirklichung des Traums von einer panafrikanischen Währung unter dem früheren libyschen Staatschef Muammar Al-Ghaddafi zum Greifen nah gewesen sein soll. Nicht zuletzt sind die afrikanischen Staaten in ihrer jetzigen Gestalt ein Erbe des Kolonialismus. Sie sollten konsequenterweise in ihrer bestehenden Form aufgelöst werden.

Hintergrund: CFA-Franc

Der CFA-Franc ging nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Westafrikanischen und dem Äquatorialafrikanischen Franc hervor. CFA bedeutete ursprünglich Colonies Françaises d’Afrique, seit der Dekolonisierung steht es für Communauté Française d’Afrique. 1994 wurden die beiden regionalen Währungszonen UEMOA und CEMAC mit jeweils eigenen Banken gegründet, die nun unterschiedliche CFA-Francs mit verschiedenen Wechselkursen ausgeben. Die Reserven werden nach wie vor von der französischen Staatsbank verwaltet, der jeweilige Kurs ist an den alten Franc und somit an den Euro gekoppelt. Das Hauptargument gegen den CFA-Franc lautet folgerichtig, dass er den Ländern, wo er im Umlauf ist, eine eigenständige Finanzpolitik verwehrt.

Die Finanzkrise, die den CFA-Franc der CEMAC-Zone gegenwärtig erschüttert, dürfte angesichts einer galoppierenden Verschuldung insbesondere der Republik Kongo (Brazzaville) und Gabuns, das Geld aufnimmt, um Kredite zurückzuzahlen, ohne Schuldenschnitt und Umstrukturierungen kaum jemals dauerhaft zu bewältigen sein. Bei der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft UEMOA kommt ein weiteres Problem hinzu. Die Mitglieder Mali, Burkina Faso und Niger haben sich jüngst nicht allein zu einer Allianz der Staaten des Sahel (französische Abkürzung AES) zusammengeschlossen, ihren Austritt aus der – nicht mit der UEMOA deckungsgleichen – Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS erklärt, die wegen des Putsches in Niger im vergangenen Jahr mit einer Militärintervention gedroht hatte, und schließlich Frankreichs Armee des Landes verwiesen – wie jüngst auch Tschad. Vielmehr haben führende Vertreter der AES wie Nigers neuer Staatschef Abdourahamane Tchiani die Ablösung des CFA-Francs durch eine eigene Währung wiederholt zur Vorbedingung für eine Überwindung neokolonialer Abhängigkeiten erklärt. Die Priorität der AES-Länder scheint jedoch zunächst darin zu liegen, die ­Kontrolle über die eigenen Ressourcen wiederzuerlangen. (jmb)

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