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Aus: Ausgabe vom 09.01.2025, Seite 1 / Titel
Trump-Pressekonferenz

Donald markiert sein Revier

Der künftige US-Präsident und seine Sicht auf die Welt: Die USA müssen größer werden. Sein Sohn war schon in Grönland. Aufregung in EU-Europa
Von Arnold Schölzel
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Flughafen Nuuk auf Grönland am Dienstag: Donald Trump Junior landet »privat«. Sein Vater will die ganze Insel haben

Ab 20. Januar amtiert Donald Trump zum zweiten Mal als US-Präsident in Washington. Bis dahin bestimmt er nach seiner Meinung von seiner Residenz in Florida aus bereits das Geschehen in den USA und darüber hinaus. Am Dienstag abend erklärte er dort, »die gesamte Wahrnehmung der Welt« sei seit seinem Wahlsieg anders geworden. Menschen von überall, darunter mehr als 100 Staats- und Regierungschefs, hätten ihm das bestätigt.

Trump sprach 30 Minuten zu einem Bündel innen- und außenpolitischer Fragen, beklagte seine privaten Gerichtsverfahren und kündigte ein »goldenes Zeitalter« für die USA an. Anschließend antwortete er gut 35 Minuten auf Journalistenfragen. An die Spitze stellte er Investitionen in die US-Industrie. Er werde die Inflation beseitigen, die Zinsen senken und die »Reformblockade« der Biden-Administration beseitigen. Die US-Wirtschaft werde wie ein »Raketenschiff« abheben. Sein Amtsvorgänger, den er dafür verantwortlich machte, dass aus US-Duschen nur noch »Drip-drip-drip« statt Wasser komme, sei, erläuterte er übergangslos, verantwortlich für den »empörenden Rückzug« aus Afghanistan. Das Desaster wiederum habe Russland ermuntert, die Ukraine anzugreifen. Er nannte den Ukraine-Krieg ein »Biden-Fiasko« und erläuterte: »Ein großer Teil des Problems bestand darin, dass Russland viele, viele Jahre lang, lange vor Putin, sagte: ›Die NATO könnte sich niemals in der Ukraine engagieren.‹ Nun, das haben sie gesagt. Das ist sozusagen in Stein gemeißelt.« Biden habe aber den NATO-Beitritt der Ukraine für möglich erklärt und: »Dann hat Russland jemanden direkt vor seiner Haustür, und ich könnte seine Gefühle dazu verstehen.« Ähnlich begründete Moskau 2022 seinen Einmarsch in die Ukraine.

Ebenso sprunghaft wechselte der 78jährige nach Wassermangel und dem Verbot Bidens vom Vortag, einen Teil der US-Küstengewässer für Öl- und Gasbohrungen zu sperren, zu seinen Annexionsansprüchen: Der Panamakanal sei das größte US-Bauwerk aller Zeiten, aber James Carter (dessen Leichnam am Dienstag zur Aufbahrung im Kapitol nach Washington geflogen wurde) habe es für einen US-Dollar an Panama verkauft. Nun betreibe China den Kanal (was eine »alternative Wahrheit« ist). Trump erneuerte sein Verlangen nach Grönland, drohte mit hohen Zöllen für Kanada und Mexiko und verkündete die Umbenennung des Golfs von Mexiko in »Gulf of America« (»ein wunderschöner Name«). Auf die Frage, ob er bei Panama und der arktischen Insel wirtschaftlichen oder militärischen Zwang ausschließe, antwortete Trump: »Nein, das kann ich Ihnen nicht versichern.« Die beiden Gebiete würden für »wirtschaftliche Sicherheit« benötigt. Am Dienstag traf schon mal der Trump-Sohn Donald Trump Junior »privat« in Grönland ein (siehe Foto). Außerdem forderte der Senior, dass die NATO-Staaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollen.

Trump überbot damit die Forderung des deutschen Kanzlerkandidaten Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), die Rüstungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, nur wenig. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Habecks Verlangen als »unausgegoren« bezeichnet hatte, reagierte auf Trump und behauptete: »Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden.« Dieses Prinzip gelte und sei »eine Grundlage unserer Friedensordnung«. Die US-geführten Kriege seit 1991 dürfte der Nochkanzler wie üblich zur Friedensordnung zählen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (10. Januar 2025 um 12:49 Uhr)
    Trumps Ansicht, der »empörende« US-Rückzug aus Afghanistan habe Russland zum Einmarsch in die Ukraine ermuntert, ist weit ab von der Wahrheit, auch wenn ein ganz kleines Körnchen Wahrheit nicht geleugnet werden kann. In Afghanistan wie in der Ukraine hatten die USA die Extremisten – nämlich Al-Qaida bzw. die Bandera-Nazis – gefördert, um die Sowjetunion bzw. Russland zu schwächen. Das US-amerikanische Eingreifen in Afghanistan ist von Russland nicht ungern gesehen worden, da es die Gefahr des Überschwappens eines militanten Islamismus’ auf Russland verminderte. Das war übrigens auch einer der Gründe, der Russland zum Eingreifen in Syrien bewog, denn im Umfeld des Islamischen Staates – entstanden durch den US-Überfall auf den Irak – tummelten sich auch diverse Tschetschenen, deren Rückkehr nach Russland hätte für Unruhe sorgen können. Das Scheitern der USA an der Aufgabe, die Afghanen zum westlichen Lebensstil zu konvertieren, wird man wohl als Dummheit, aber kaum als Zeichen militärischer Schwäche deuten können, die Putin zu militärischen Abenteuern verleitet hätte. Es dürften neben dem NATO-Expansionsstreben wohl eher die vielfach bekundeten ukrainischen Eskalationsabsichten sowie deren Umsetzung in die Tat seit Mitte Februar 2022 gewesen sein, die Putin bewog, den Donbassrepubliken beizustehen. Ähnlich kurios mutet Trumps Sorge vor einer chinesischen Übernahme des Panama-Kanals an. RT hatte zwar berichtet, dass zwei chinesische Firmen im Kanalgeschäft involviert seien. Und auf der Seite https://www.bnnbloomberg.ca/investing/2024/12/22/panamas-leader-takes-up-feud-with-trump-over-control-of-canal/ kann man lesen: »China doesn’t control the canal, though a Chinese company — a subsidiary of Hong Kong-based CK Hutchison Holdings Ltd. — has two of the five ports adjacent to the canal, one on each side« sowie – in Trumps Augen wohl äußerst gefährlich: »China’s influence has been growing in the region«. Trumps Sicht wirkt aber gleichwohl ziemlich paranoid.
  • Leserbrief von Robert Giegerich (10. Januar 2025 um 11:16 Uhr)
    Trump 2.0 – der erste Deal? Die Medien können es nicht oft genug wiederholen: »Donald Trump refuses to rule out force to take Greenland and Panama Canal.« Nun sind Trumps Kraftprotzereien nicht immer als konkrete Pläne zu nehmen. Für die umworbene Wählerschaft bebildern sie seine Führerqualitäten, also die Unberechenbarkeit wie die Entschlossenheit zur rücksichtslosen Durchsetzung – wovon? Was auch immer der Führer der Freien Welt für MAGA erforderlich halten wird! Diese – seine – Freiheit will er immer wieder klarstellen, und da kennt er auch keine Schamgrenze. Etwa den Gedanken: Wer war das gestern noch, der auf Gewalt in Sachen Wiedervereinigung nicht definitiv verzichten will? Den wir deshalb als Gefahr für den Weltfrieden mit einer gewaltigen Aufrüstung im Pazifik konfrontieren müssen? War da was mit Taiwan?
    Aber womöglich ist doch mehr dran als Getöse. Immerhin ist die Wahl ja gewonnen. Gerade haben die Chinesen zugegeben, dass sie schon vorab mit Trump verhandeln. Vielleicht haben sie ihm den Tipp gegeben: »Von deinen Feinden lernen.« Und fertig ist der erste Deal: Trump kassiert Grönland und den Kanal und macht Kanada ein Angebot, das es nicht ablehnen kann. Derweil mag China Taiwan wiedervereinigen. Danach kann man die Freie Welt erst recht zum Endkampf gegen China formieren, weil es Taiwan wiedervereinigt hat und damit den Weltfrieden … Sie wissen schon. Sind die Fakten geschaffen, steht die EU wieder Gewehr bei Fuß – vorne dran die dänischen Freiheitsengel.
    Und wenn dabei ein paar Atombomben fallen? Dann gibt es 20 Jahre nuklearen Winter, und die Sache mit dem lästigen Klimawandel hat sich auch gleich erledigt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (9. Januar 2025 um 13:31 Uhr)
    Ein Amerikaner wittert schnell – mit oder ohne Grund – von überall her Aggression, von daher muss man Trumps Aussage, den Einsatz von Militär bei der Übernahme des Panama-Kanals oder Grönlands nicht auszuschließen, nicht unbedingt als Aggressionsabsicht deuten. Gleichwohl steht sie natürlich für die in Amerika gesteigerte Gewaltbereitschaft. Die hat durchaus Tradition, auch gegen Verbündete. Joe Biden hatte etwa am 7.2.2022 angekündigt, ggf. die Nord-Stream-Pipelines zu zerstören (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/seymour-hersh-im-interview-joe-biden-sprengte-nord-stream-weil-er-deutschland-nicht-traut-li.317700). Auch Donald Rumsfelds Rede vom »Alten Europa« erinnert gefährlich an die auch kriegerische Auseinandersetzung zwischen der Alten und der Neuen Welt vergangener Jahrhunderte (»Before Rumsfeld’s use, the term had been used in various historical contexts to refer to Europe as the «Old World» as opposed to America as the «New World»«, https://en.wikipedia.org/wiki/Old_Europe_and_New_Europe). Das »alte Europa« wurde »durchgängig als das Rekrutierungsreservoir für die Streitkräfte des Satans im Endkampf gesehen« (Rainer Prätorius: In God We Trust, Religion und Politik in den USA, C.H.Beck 2003, Seite 51). Ähnlich mehrdeutig ist die Ankündigung von G.W.Bush nach dem Anschlag auf das WTC 2001, Amerika würde jene, die die Verantwortlichen beherbergten, genauso verfolgen wie die Terroristen selber; es sei dazu daran erinnert, dass der Täter Mohammed Atta in Deutschland gewohnt hatte. Nun, Bush hatte nicht Deutschland, sondern zunächst »nur« Afghanistan überfallen. Dass Schuldbeweise gegen Osama bin Laden nicht vorlagen, spielte keine Rolle. Ebenso wenig, dass die Taliban zu Gesprächen über eine Auslieferung bin Ladens bei Vorlage von Schuldbeweisen bereit waren. Erst schießen und dann überlegen, das ist eine im Westen weit verbreitete Unsitte. Am Einmarsch in den Irak 2003 mit seinen desaströsen Folgen waren ja diverse weitere Staaten beteiligt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Andreas E. aus Schönefeld (9. Januar 2025 um 06:15 Uhr)
    Russland werden unisono aus der NATO Großmachtinteressen nachgesagt. Und was ist das? Kanada als 51. Bundesland, NATO-Partner Dänemark wird ein Teil seines Territoriums (wie es auch immer zustande kam) streitig gemacht. Der Panama-Kanal soll heim ins amerikanische Reich geholt werden und der Golf von Mexiko zum Golf von Amerika werden, sicherlich mit all den Staaten, die darin angesiedelt sind, also auch Kuba. Mir kommen die Szenen aus »Der große Diktator« mit Charlie Chaplin in den Sinn – Der Tanz mit der Erdkugel als Luftballon, bis sie platzt … Am gefährlichsten für die Welt sind die Ansprüche auf Grönland. Hier geht es natürlich um Bodenschätze, aber auch um die Nähe zu den Polarregionen Russlands und die absolute Kontrolle über die Nordostpassage von Europa nach Asien. Biden hat man eine gewisse Senilität nachgesagt, gefährlicher ist Trump - er ist größenwahnsinnig. Hoffentlich merken das die Politiker in Berlin, Paris, London und anderswo sehr bald. Eine Friedensordnung mit Trump wird nicht möglich sein - der Rohstoffhunger, der Hunger nach Einflusssphären wird keinen Frieden hervorbringen. Der Zeiger der Doomsday-Uhr rückt mit dem 20. Januar 2025 weiter auf die Zwölf zu. Dazu kommt nun auch noch die Aufnahme Indonesiens in die BRICS-Gruppe. Maßgebliche Handelswege für die Weltschifffahrt geraten nun unter die Kontrolle der BRICS-Staaten, nach dem Suezkanal, die Straße von Hormus usw. Auch damit lässt sich die Gier nach dem Panama-Kanal erklären. Hier sitzen die nächsten Kandidaten für die BRICS-Gruppe. Es ist jetzt schon ein heißes Spiel. Doch Trump entfacht mit seinen Äußerungen das Feuer ohne Rücksicht auf seine Verbündeten. Aber vielleicht sollten die europäischen NATO-Staaten die Rüstungsausgaben wirklich auf fünf Prozent Prozent erhöhen, aber wegen der USA, nicht wegen Russland (Zynismus aus). Wer solche Freunde hat …
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (8. Januar 2025 um 21:32 Uhr)
    Ein Makler bleibt immer Makler – und wer nur einen Hammer im Werkzeugkasten hat, sieht in jedem Problem einen Nagel! Mit Trumps jüngstem »Geschwätz« wird deutlich, dass der sogenannte Wertewesten Russland langfristig schwächen will – und offenbar auch muss, weil man im Wettlauf um die Arktis geschlafen hat. Aber was, wenn Russland plötzlich auch Alaska zurückfordert? Fragen über Fragen! Nach seiner Amtseinführung wird Trump unweigerlich mit der Realität konfrontiert werden. Es wird Zeit, sein Wunschdenken, seine Interessen und vor allem die Grenzen seiner tatsächlichen Möglichkeiten zu sortieren – und dann erst zu handeln. Er hat erstrangig genug zu tun: vor allem daheim in den USA!
  • Leserbrief von Kurt Lennartz aus Aachen (8. Januar 2025 um 20:39 Uhr)
    Waffen bringen Frieden. Waffen an die Ukraine bringen Frieden in der Ukraine und Frieden in Russland. Waffen an Saudi-Arabien bringen Frieden in Saudi-Arabien und Frieden in Jemen. Waffen an Israel bringen Frieden in Israel, Frieden im Gazastreifen, Frieden im Westjordanland, Frieden in Syrien und Frieden im Libanon. Waffen an die Türkei bringen Frieden in der Türkei, Frieden in Syrien und Frieden für die Kurden. Überall nur noch Frieden? Ach, hätten wir noch drei Prozent mehr Waffen. Dann könnten wir uns – vor lauter Frieden – kaum noch retten. Mit freundlichen Grüßen, Kurt Lennartz, Aachen
    • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (9. Januar 2025 um 18:43 Uhr)
      Und vor allem Atomwaffen bringen Frieden – den »ewigen Frieden«. Amen!
    • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (9. Januar 2025 um 12:44 Uhr)
      »Aber was, wenn Russland plötzlich auch Alaska zurückfordert?« – Nicht unmöglich, wenn die USA dank Trumps Politik in eine schwere Zahlungskrise kämen und dringend Geld brauchten. Dann könnte man daran denken, den Kaufvertrag von 1867 rückabzuwickeln. Der »Kaufpreis« betrug damals 7.200.000 US-Dollar (https://de.wikipedia.org/wiki/Kauf_Alaskas). Allerdings müsste dabei die Wertenwicklung des Dollars und des fraglichen Gebietes seit damals berücksichtigt werden. Kaum anzunehmen, dass W. Putin, wegen des Ukraine-Krieges, kaum Geld für die Rückzahlung übrig hat!
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (9. Januar 2025 um 14:00 Uhr)
        Warum nicht? Die eingefrorenen 300 Milliarden Euro russischer Zentralbankreserven könnten ja direkt als Anzahlung dienen – vielleicht inklusive eines Rabatts für »geringfügige Abnutzung« seit 1867.

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