Rückschlag für Tik Tok
Von Sebastian EdingerEs lief nicht gut für Tik Tok bei der Anhörung am Freitag vor dem Supreme Court in Washington. Mit ihrer Klage wollten die Betreiber der App den sogenannten Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act (PAFACA) wenige Tage vor dem Inkrafttreten kippen und so ein landesweites Aus für den Dienst abwenden. Während der zweieinhalbstündigen Anhörung zeichnete sich jedoch ab, dass die Mehrheit der neun Richter von den Argumenten des Tik-Tok-Anwalts Noel Francisco nicht zu überzeugen ist.
Francisco hatte argumentiert, das Gesetz vom vergangenen April, mit dem Tik Tok entweder an einen US-amerikanischen Betreiber verkauft werden oder aus den Appstores verschwinden muss, sei verfassungswidrig. Der PAFACA schränke die Plattform ein, da der Empfehlungsalgorithmus einen redaktionellen Ermessensspielraum repräsentiere und durch das Gesetz bald nicht mehr in den USA verwendet werden könne. Außerdem werde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, der es der Regierung ermöglicht, jegliche missliebige Plattform abzuschalten.
Die Mehrheit der Richter zeigte jedoch eher Verständnis für die Argumente der US-Regierung, die befürchtet, die chinesische Regierung könne Tik Tok nutzen, um über den in Beijing ansässigen Mutterkonzern Bytedance Daten von US-Bürgern abzugreifen. Um den Algorithmus zu entwickeln, sende die Firma regelmäßig Daten nach China – und dort könne die Regierung zugreifen, behauptete die Vertreterin der Biden-Regierung, Elizabeth B. Prelogar, bei der Anhörung. Mit dem Gesetz werde lediglich versucht, »einer ausländischen, gegnerischen Nation die Möglichkeit zu nehmen, an unsere Daten zu gelangen und die Kontrolle über die Plattform auszuüben«.
Kritische Fragen hatten die Richter vor allem an den Unternehmensvertreter. »Sollen wir die Tatsache ignorieren, dass die Muttergesellschaft Geheimdienstarbeit für die chinesische Regierung leistet? Sie ignorieren hier die Hauptsorge des Kongresses: Die Manipulation von Inhalten und das Sammeln von Daten«, sagte etwa der leitende Richter John Roberts. »Das scheint eine große Sorge bezüglich der Zukunft unseres Landes zu sein«, ergänzte später Richter Brett M. Kavanaugh. Und Richter Ketanji Brown argumentierte, Francisco liege falsch, wenn er glaube, der Social-Media-Dienst werde mit dem Gesetz stummgeschaltet. Tik Tok könne »weiterhin mit seinem eigenen Algorithmus und zu seinen eigenen Bedingungen arbeiten, wenn die App nicht mehr mit Bytedance verbunden ist«.
Ein Hoffnungsschimmer für Tik Tok war die Befragung durch Richter Neil M. Gorsuch, der sich kritisch an die Regierung wandte und darlegte, man hätte weniger weitreichende Maßnahmen wie etwa Transparenzvorschriften wählen können, um die Sicherheitsbedenken zu adressieren. Laut Washington Post werden die Richter im Laufe der kommenden Woche eine Entscheidung darüber verkünden, ob das Gesetz wie geplant in Kraft treten kann. Geben sie grünes Licht, darf die App ab dem 19. Januar nicht mehr zum Download angeboten werden. Nutzer, die sie bereits installiert haben, können sie wohl zunächst weiter nutzen, bekommen aber keine Updates mehr. Im Internet kursieren schon Tips, wie der Bann durch Downloads von ausländischen Servern umgangen werden kann.
Auch an der Wall Street wurde die Anhörung als klare Niederlage für Tik Tok gewertet: Die Aktien der Konkurrenz machten große Sprünge. Das Wertpapier des Instagram-Mutterkonzerns Meta legte um 3,9 Prozent zu, der Preis für die Aktien des Snapchat-Betreibers Snap stieg während der Anhörung sogar um 8,4 Prozent.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 10.01.2025
Showdown im Tik-Tok-Streit
- 31.12.2024
Präsident mit Vorausblick
- 11.12.2024
Tik Tok will Gnadenfrist
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Stadt der Gegensätze
vom 13.01.2025 -
Besuch vom großen Bruder
vom 13.01.2025