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Aus: Ausgabe vom 14.01.2025, Seite 8 / Ansichten

Liebender Vater des Tages: Dmitro Kuleba

Von Reinhard Lauterbach
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Dmitro Kuleba

Wer Latein gelernt hat, erinnert sich vielleicht noch an den Unterschied zwischen subjektivem und objektivem Genitiv: Amor patris kann sowohl die Liebe des Vaters gegenüber seinen Kindern bedeuten, als auch deren Gefühl ihrem Vater gegenüber. Die Ukraine, die neuerdings gern ihre Zugehörigkeit zum westlich-lateinischen Kulturkreis behauptet, hat jetzt ein schönes Beispiel des subjektiven Genitivs gegeben: Exaußenminister Dmitro Kuleba musste zugeben, dass er seinem heranwachsenden Sohn geraten hat, sich lieber nicht zur Armee zu melden, sondern erst mal zu studieren – Studenten sind nämlich bis zum Examen zurückgestellt. »An der Uni hast du doch auch Kurse in vormilitärischer Ausbildung«, soll Kuleba senior seinem patriotischen Filius gesagt haben. Der Hintergedanke ist klar: Bis du fertig bist, ist der Krieg vielleicht vorbei. Auch Politiker sind Menschen, das sei hier ohne jede Ironie festgehalten. Wenigstens gegenüber den eigenen Angehörigen, nicht zu verwechseln mit Staatsangehörigen.

Der amor patriae – die Liebe zum Vaterland – als ein Schulbeispiel des objektiven Genitivs dagegen lässt in großen Teilen der ukrainischen Bevölkerung zu wünschen übrig. Und es ist nicht so, dass dies denen, die die Liebe zum Vaterland notfalls zu erzwingen haben, nicht bekannt wäre. An diesem Wochenende ging der Screenshot einer Taxibestellungsapp aus Odessa durchs Netz. Dort hatte das regionale Wehrersatzamt einen Kleinbus bestellt, um »Drückeberger zuzuführen«. Die Besteller versprachen dem Chauffeur nicht nur einen Gutschein über 59 Liter Benzin oder Diesel, sondern auch, den Fahrer »nicht anzurühren«. Was nicht selbstverständlich ist. Es sind schon Busfahrer mit zwei Schulklassen hinten drin während einer Pinkelpause in den Karpaten von der Armee mitgenommen worden, und Taxifahrer aus Odessa sind nicht blöd. Ob die bestellte Fahrt zustande kam, wurde nicht berichtet.

* In einer früheren Version zeigte die zugehörige Illustration fälschlicherweise Oleskij Kuleba, den ehemaligen Gouverneur der Oblast Kiew.

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