Dietmar Dath: KI ist mehr als Technik, es ist eine Neuformierung der Ausbeutung
Alles soll sie können, die Artifical General Intelligence, womit die leidige Arbeit passé sein könnte. Doch dieses aktuelle Versprechen der bürgerlichen Gesellschaft ist ebenso glaubwürdig wie das Versprechen der Menschenrechte, erinnert der Schriftsteller und Journalist Dietmar Dath in seinem Vortrag. Oder des Weltmarktes, der mittels Angebot und Nachfrage auch nicht den Wohlstand für alle brachte.
Die KI-Entwicklung lief wie immer im Kapitalismus im Schnelldurchlauf: Von Non-Profit zu Profit. Sie verbindet wie das Internet offenbar Menschen, vereinzelt sie aber vor allem. Es geht um ein Koordinationsmonopol auf das, was wir wissen.
Schon früh waren bei dieser Entwicklung die US-Demokraten an Bord. Wer das weiß, schaut anders auf eine scheinbare Bromance zwischen Donald Trump und Elon Musk. Zerfall des Geistes im Monopolkapitalismus bedeutet heute auch: Nachwuchssorgen selbst bei den Intelligenzjobs der MINT-Fächer. Wenn du auf der Galeere die guten Jobs streichst, starren die Ruderer nur auf ihre Ketten – oder halt die Smartwatch. Die Lieferkette des Wissens wird zur Befehlskette.
Wir werden von Programmen imitiert mithilfe von sehr viel Trainingsmasse. Die Aufmerksamkeitsspanne der Maschinen steigt, die der Menschen sinkt, dank ständiger Behelligung mit Push-Meldungen etc. Vor einigen Jahren ging es noch darum, jeden Nischenmarkt zu erschließen, heute geht es nur noch darum, Ramsch loszuwerden. Das ist Teil des offen autoritären Turns des Silicon Valley. Lenin nennt das die Fäulnis des Imperialismus. Weltweite Gewerbefreiheit für die heutigen Monopole ist unvereinbar mit Demokratie, ein Vordenker der Fascho-Technokratie wie Curtis Yarvin sagt das ganz offen. Der Staat soll geführt werden wie ein Unternehmen.
Wie sorgt man für Massenanhang für so was: Mit Populismus. Dagegen ist kein Kraut des bürgerlichen Humanismus gewachsen.
KI könnte in einer tatsächlichen »Leistungsgesellschaft« große Chancen bieten, ist Dath überzeugt. Aber das seien Gedankenspiele. Entscheidend sei: Wo sind die Kämpfe, wie laufen die Kämpfe, wie sind die Kräfteverhältnisse? Ohne soziale Kräfte, die aus Einfällen Verhältnisse machen, passiert nichts. Hemmt KI diesen Kampf oder stimuliert sie ihn? Eins bringt die KI: Sie bedeutet eine Verkürzung der Lernwege. KI ist mehr als Technik, es ist eine Neuformierung der Ausbeutung. Dieser Monopolismus frisst Gesellschaft und scheißt Privatinteresse aus. Nur im Kampf gegen die Klasse, die diese Art Ausbeutung organisiert, ist irgendeine Form von Humanismus vorstellbar – diese Botschaft gibt Dath dem Publikum mit. (pm)
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