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Aus: Ausgabe vom 27.01.2025, Seite 16 / Sport
Handball-WM

Niemand kommt an Dänemark ran

Bei der Handball-WM geht es ins Viertelfinale
Von Ken Merten
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Der Unantastbare: Mathias Gidsel (am Ball)

Es war ein besseres Freundschaftsspiel, die Partie zwischen Deutschland und Tunesien am Sonnabend. Bei der letzten Partie der Hauptrundengruppe eins setzten sich die Deutschen standesgemäß mit 31:19 (18:8) durch. Vorher war bereits entschieden, dass die DHB-Männer als Gruppenzweite ins Viertelfinale einziehen und Tunesien die Gruppe als Sechster und damit letzter abschließt. Die Weltmeisterschaftsvierten von 2005, die an diesen Erfolg schon lang nicht mehr anknüpfen können und auf dem afrikanischen Kontinent mittlerweile Ägypten den Vorrang lassen müssen, verzweifelten am gut aufgelegten 22jährigen Torwart der Rhein-Neckar-Löwen David Späth. Eine Fangquote von 53 Prozent ist selten – Späth hielt insgesamt 21 Würfe. Ein Wiederaufbau des Egos: Späth ist hinter Andreas Wolff (33, THW Kiel) eigentlich nur die Nummer zwei. Bei der Niederlage gegen Kogastgeber und Titelverteidiger Dänemark (30:40; 18:24) am vergangenen Dienstag durfte jedoch Späth beginnen. Er fand nicht ins Spiel, Wolff danach ebensowenig.

Auch andere durften sich zeigen: Kreisläufer Justus Fischer (21) spielte durch – Mannschaftskapitän Johannes Golla (27) sah sein 100. Länderspiel von der Bank aus. Auch der nachnominierte Rückraumspieler Marian Michalczik (27) bekam gut eine halbe Stunde auf der Platte. Michalcziks Berufung ist eine Reaktion auf den Engpass im Rückraum: Rune Dahmke (31, Kiel), Juri Knorr (24, Rhein-Neckar Löwen) und Lukas Stutzke (27, Hannover-Burgdorf) fielen grippekrank aus. Es ist unklar, ob sie fürs Viertelfinale fit werden. Besonders bitter ist der individuelle Turnierverlauf für den Leipziger Halbrechten Franz Semper (27). Der saß während der Vorrunde krank auf der Tribüne und durfte erst gegen die Überraschungsmannschaft Italien ran, die mit ihrer Adaption des »Wartburg-Quartetts« (ein vierter Rückraumspieler ersetzt im Angriff den Kreisläufer) von Bundesligist Eisenach für Furore sorgten. Semper warf innerhalb von knapp acht Minuten fünf Tore und trug maßgeblich zum Sieg (34:27; 15:13) bei. Dabei verletzte er sich jedoch und musste aus dem dänischen Herning abreisen.

Ein weiterer Grund, warum DHB-Coach Alfreð Gíslason auf ­Michalczik zurückgriff: Mit Fischer, einem genesenen Stutzke und Shootingstar Renārs Uščins (22) wird die Auswahl von einem eingespielten Hannoveraner Block zusammengehalten. Ein größeres Selbstverständnis bei den Abläufen wird für den weiteren Turnierverlauf nötig sein. Gegen Tunesien wurde experimentiert, der relativ unsortierte Gegner übertrug dabei jedoch seine Wirrnis auf die Silbermedaillengewinner der Sommerolympiade 2024. Gíslason wies in der von ihm genommenen Auszeit im ersten Durchgang darauf hin, was für alle sichtbar war: Die Offensive leistete sich, ohne unter Druck zu stehen, eklatant viele technische Fehler.

Am größten ist die Unzufriedenheit mit der Trefferquote: Während man mit Wolff und Späth ein Keeperduo auf höchstem Niveau vorzuweisen hat, das auch – die Begegnung mit dem haushohen Favoriten Dänemark ausgenommen – entsprechend hält, kommt das deutsche Angriffsspiel erst spät in die Partie. Durch den Melsunger Linksaußen Timo Kastening (29) kam erst gegen die Dänen, im vierten WM-Spiel, die Sicherheit von der Siebenmeterlinie zurück.

Ein Weg zu mehr gelungenen Abschlüssen könnte dabei die Einbindung der Flügelspieler sein. ARD-Experte, Weltmeister von 2007 und ehemaliger Linksaußen Dominik Klein beanstandete während des Turniers, dass in Gíslasons Spielkonzept die Flügel eher »Eckensteher« seien.

Wichtig ist auch, mit einem gesunden Juri Knorr als Spielmacher ins Viertelfinale gehen zu können. Dort wartet am Dienstag in Oslo aller Voraussicht nach Portugal. Die Iberer treten am Sonntag nachmittag (nach Redaktionsschluss) gegen in der Hauptrunde bis dato punktlose Chilenen an und wären bereits mit einem Unentschieden Erster der Gruppe drei. Ihnen folgt Brasilien, das überraschend europäische Topteams wie Schweden, Spanien und den enttäuschenden Kogastgeber Norwegen hinter sich lassen.

Mit fünf Siegen aus fünf Spielen zieht aus der zweiten Hauptrundengruppe Frankreich souverän ins Viertelfinale ein, gefolgt von den ungarischen Kogastgebern. Am Sonntag abend entscheidet sich, wer aus der vierten Gruppe im Turnier bleibt: Kroatien, Island und Ägypten haben mit je drei Siegen die größten Chancen, rechnerisch könnte auch Slowenien noch weiterkommen.

Sollte die DHB-Auswahl das Halbfinale erreichen, könnte der Gegner wieder Dänemark heißen. Die Goldmedaillengewinner von Paris sind seit nunmehr 34 WM-Spielen in Folge ungeschlagen und wollen zum vierten Mal in Folge Weltmeister werden. Sie können auch, der Handball von Mathias Gidsel (25, Füchse Berlin) ist unvergleichlich. Selbst die Franzosen bräuchten einen Sahnetag, um den Dänen das Gold abspenstig zu machen.

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