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Aus: Ausgabe vom 03.02.2025, Seite 8 / Ansichten

Vorgeführt

BSW stimmt Merz’ Antimigrationsantrag zu
Von Reinhard Lauterbach
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Fischt in den Gewässern der AfD: BSW-Chefin Sahra Wagenknecht (Berlin, 31.1.2025)

Er betreibe ja mit seinem »Zustromsbegrenzungsgesetz« bloß »Symbolpolitik«, hat Sahra Wagenknecht Friedrich Merz vorgeworfen. Also im Klartext: Er tue ja nur so, als wolle er künftige Migranten aus Deutschland heraushalten und gegenwärtige nach Möglichkeit wieder »ausschaffen«. Soll heißen: Wir hingegen würden da eine andere Gangart vorlegen. Heinrich, mir graut vor dir, möchte man Goethes Gretchen zitieren.

Wagenknechts Diagnose allerdings dürfte sogar stimmen. Nur waren die Konsequenzen, die das Bündnis aus dieser Erkenntnis gezogen hat, die denkbar fatalsten. Denn folgt hieraus das, was das BSW am Freitag getan hat? Dem Merzschen Entwurf eines Gesetzes zuzustimmen, von dem sich jeder ausrechnen konnte, dass es vor der Wahl sowieso nicht mehr durch den Bundesrat kommen und nach der Wahl ohnehin dem Wagenknecht gut bekannten parlamentarischen Grundsatz der Diskontinuität verfallen würde? Dieser besagt, dass alles, was in der alten Legislaturperiode nicht fertig beschlossen und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, automatisch nicht weiter behandelt wird. Das soll keine Symbolpolitik sein? Dafür musste man die Hand heben?

Niccolò Machiavelli hat gelehrt, dass man in der Politik die Grausamkeiten – heute würde man sagen: die Sauereien –, die man für erforderlich hält, gleich zu Beginn verüben soll. Danach würden sich die Leute gewöhnen und wären sogar dankbar, wenn nicht alles so heiß gegessen werde, wie es gekocht wurde. Nur ist das bei dem Stammvater der modernen Politikwissenschaft gemünzt auf eine Situation, in der der angesprochene Fürst sich den Zugriff auf die Herrschaft schon gesichert hat, und nicht auf eine Gruppierung, für die es bei der bevorstehenden Wahl um Sein oder Nichtsein geht. Das BSW hat mit seinem Ja an der Seite von Union und AfD politisch gerade allertiefstens ins Klo gegriffen – jenen letzten Zufluchtsort der parlamentarischen Gewissensfreiheit, wohin sich 17 Abgeordnete der Union rechtzeitig zum Zeitpunkt der Abstimmung verzogen hatten. Oder vielleicht auch delegiert worden waren – der Spiegel und seinesgleichen werden es zu gegebener Zeit herausbekommen –, weil Merz schlauer war als Wagenknecht und seine Vorlage genau als das behandelt hat, was sie objektiv war: Spielmaterial, Symbolpolitik, nach deren Folgen später niemand mehr fragt. Mit zwei Ausnahmen: Jetzt kann jeder Dösbaddel sagen: »Seht ihr wohl, die Extremisten von links und rechts, stimmt ja doch.« Und das BSW hat sich damit gerade bei links gestimmten Wählern den maximalen Imageschaden verschafft. Auch wenn Merz diese Falle aufgestellt hat – reingelaufen sind sie schon selbst. Chapeau!

In der Phase des linken Rosenkriegs vor der Gründung des BSW war von seiten der Linkspartei oft zu hören, Wagenknecht habe vor allem Lust daran, hinter sich verbrannte Erde zu hinterlassen – diesem Vorwurf hat sie am Freitag einiges Material geliefert.

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