Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 04.02.2025, Seite 2 / Inland
Sozialpolitik

Altersarmut auf Rekordniveau

Statistikamt: Immer mehr Personen über 65 Jahre mit mageren Bezügen
Von Oliver Rast
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Existenznotlage, aktiv im Alter: Auf der Suche nach Leergut mit Pfand (Dresden, 17.12.2023)

Als ob Altwerden nicht schon genug Probleme bereiten würde, kommen karge Lebensumstände hinzu. Altersarmut eben. In der BRD trifft sie immer mehr Ruheständler nach der Erwerbsarbeit. Das geht aus Daten des Wiesbadener Statistischen Bundesamts hervor, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag. Die Bundestagsgruppe des BSW hatte das entsprechende Material zuvor bei den Bundesstatistikern erfragt.

Demnach sind in Deutschland etwa 3,54 Millionen ältere Personen ab 65 Jahren armutsgefährdet, armutsbedroht. Ein Anstieg im Vorjahresvergleich von 1,2 Prozentpunkten auf knapp ein Fünftel aller Älteren. Ein Rekordwert. Arm sind (statistisch) jene, deren Einkommen nach Sozialleistungen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Aktuell sind das 1.378 Euro netto im Monat.

Millionen Alte am Rande der Existenznot. Ein Befund, den BSW-Chefin Sahra Wagenknecht gegenüber dem RND so kommentierte: Die Rente sei hierzulande ein »Megaproblem«, zugleich sei die Rentenbilanz der SPD beschämend. Wagenknecht forderte ein Rentensystem nach dem Vorbild Österreichs, wo auch Beamte und Selbstständige in die Kassen einzahlen.

Das fordert ferner die Landesarmutskonferenz (LAK) Niedersachsen am Montag in einem Statement. Die besondere Dramatik bei der Altersarmut liege vor allem »im Prozess dieser Entwicklung.« Mittlerweile übertreffe die Armutsquote bei Älteren den Durchschnitt in der Bevölkerung (15,5 Prozent). Schlimmer noch: Verarmung, teils Verelendung der Ü65-Generation entwickele sich immer rasanter.

Dabei sei Armut das Produkt einer mangelnden, verfehlten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Nicht erst seit heute, nicht seit gestern, seit Jahrzehnten. Und nicht zuletzt das Ergebnis »einer aus dem Ruder gelaufenen Umverteilung von unten nach oben.« Denn: Größer werdender Niedriglohnsektor, dauerhaft prekäre Jobs, ständig reale Lohneinbußen – all das befördert die Abwärtsspirale und verstärkt den Trend steigender Supervermögen explosionsartig, so die LAK Niedersachsen.

Kurzum, solange der Fetisch der »schwarzen Null« samt Schuldenbremse die Debatte beispielsweise im Bundestagswahlkampf dominiert, bleiben Existenzängste. Und dabei ist das Leben vieler Älterer doch bereits schwer genug.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Manni Guerth (4. Februar 2025 um 08:09 Uhr)
    Wer in echter Armut gefangen ist, kann sich weder Internet noch Computer leisten und ist von politischem Wissen und Informationen ausgeschlossen. Diese Menschen haben nicht die Möglichkeit, sich zu wehren. Wie 95 prozent der Deutschen sind sie von einer aktiven Teilnahme an politischen Entscheidungen ausgeschlossen. Sie sind in einer Form von Diktatur gefangen, die sich »Repräsentative Demokratie« nennt. Eine Form von Diktatur, in der nur Parteien und Politiker alleine am politischen Fressnapf sitzen und politische Entscheidungen treffen – die anderen sitzen vor der Tür und versuchen alle vier Jahre mit einem Kreuz die Tür zu öffnen – was natürlich nicht gelingt. Alle vier Jahre verbreiten sie ihre Seifenblasen Parolen, dass es möglich sei die »Tür« zu öffnen,d. h.. deine Existenz zu sichern und zu verbessern. Die Mehrheit der Linken belügt sich selbst in dem sie argumentieren, »Wer nicht zur Wahl geht, unterstützt das System«. Andersherum wird ein Schuh daraus »Wer zur Wahl geht, hat das Recht verwirkt, die Politik zu kritisieren« – denn er hat ja diese Politik gewählt. Statt sich den Kopf über Wahlen zu zerbrechen, wäre es tausendmal sinnvollen sich darüber Gedanken zu machen, welches System am besten geeignet ist, Volkssouveränität zu erlangen, d. h. politische Mitsprache und Entscheidungen für die Menschen zu ermöglichen und dafür zu kämpfen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Reinhold H. aus Niederselters (3. Februar 2025 um 21:19 Uhr)
    Die Forderung, dass auch Selbstständige in die Rentenversicherung einzahlen sollen, ist richtig, aber unvollständig. Nötig ist endlich auch in der Rentenversicherung die Beitragsbemessungsgrenze aufzuheben. In der Schweiz gibt es keine Beitragsbemessungsgrenze; der Beitragssatz beträgt aktuell je fünf Prozent für den Beschäftigten und den Arbeitgeber. Das heißt: Auch der Einkommensmillionär zahlt fünf Prozent. Jedoch ist die Altersrente auf maximal 2350 Franken begrenzt. Ergänzt wird die gesetzliche AHV-Rente durch die Pensionskassen. Dabei beträgt der Arbeitgeber-Anteil mindestens 50 Prozent; einige Pensionskassen zahlen teilweise einen erheblich höheren Anteil. So zahlen die Arbeitgeber in der Pensionskasse Baselland 55 Prozent, die Arbeitnehmer 45 Prozent Beitrag. Folge: Ab 2026 werden in der Schweiz 13 Monatsrenten in der gesetzlichen Versicherung gezahlt.

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