Ausschlusskriterium Linkspartei
Von Fabian Linder
Berufsverbote 2.0: Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Münchner Klimaschutzaktivistin Lisa Poettinger ihr Referendariat im Februar nicht antreten darf, da das bayerische Kultusministerium die Lehramtsstudentin als Verfassungsfeindin betrachtet. Nun trifft die in Bayern weiterhin aktive Berufsverbotspraxis einen Bundestagskandidaten der Linkspartei. Dem 25jährigen Gabriel Bruckdorfer wurde eine studentische Tätigkeit an der Universität Augsburg nicht verlängert. Der Vorwurf: Mitgliedschaft in der Jugendorganisation der Linkspartei Linksjugend Solid. Bruckdorfer – seit August Mitglied der Partei – tritt im Oberallgäu als Direktkandidat für die kommende Bundestagswahl im Februar an.
An der Universität Augsburg steht der Student vor dem Abschluss seines Bachelorstudiums in Erziehungswissenschaften. Angestellt war er für die EDV-Betreuung. Sein bis Ende vergangenen Jahres laufender Arbeitsvertrag sollte ursprünglich verlängert werden. Jedoch ließ die Universität diesen am Ende auslaufen, mit Verweis auf »extremistische Zielsetzungen«, wie es in einer E-Mail der Universität an Bruckdorfer hieß. Damit gemeint ist die Mitgliedschaft in der Linksjugend.
In der Vergangenheit kam es häufiger dazu, dass Mitglieder der Linkspartei, die unter 35 Jahren alt sind, bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst Probleme bekamen. Neumitglieder der Partei werden, sofern sie nicht aktiv widersprechen, automatisch Mitglied der Linksjugend, welche vom Bayerischen Verfassungsschutz auf dem »Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue« zusammen mit Parteiströmungen wie der Kommunistischen Plattform als »extremistisch« genannt wird.
Entsprechend der E-Mail der Universität sei diese Mitgliedschaft nicht vereinbar mit einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Bruckdorfer habe in Reaktion auf die Entscheidung der Universität in einer langen Stellungnahme dargestellt, dass er sich als »passives Mitglied« der Linksjugend betrachte, da er lediglich bei einer Handvoll Treffen der Parteijugend war. Gleichzeitig sei es ihm ein Anliegen gewesen, zu sehen, wie Jugendförderung in seiner neuen Partei aussehe. Insbesondere, da er selbst Erziehungswissenschaften studiere.
Bruckdorfers Anwältin, Adelheid Rupp, bis Juni vergangenen Jahres Kovorsitzende der Landespartei, betonte gegenüber junge Welt, es sei in diesem Fall ohne jede Relevanz, dass Solid in Bayern im Verfassungsschutzbericht stehe. Darauf habe sie die Universität auch in einem Schreiben hingewiesen. Rupp verweist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, in dem ausgeführt wird, dass die reine Mitgliedschaft in einer »extremistischen Vereinigung« nicht für Kündigungen ausreiche, sondern zusätzlich das »aktive Stellen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung«. Das sei nicht belegbar von seiten der Universität. Im Kern gehe es immer auch um die Frage, ob die Personen kapitalismuskritisch seien, wie auch der Fall Poettinger zeigt. Allerdings habe Kapitalismuskritik nichts mit der bayerischen Verfassung und dem Grundgesetz zu tun, wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, so Rupp.
Die Universität habe auf das Schreiben bislang nicht reagiert. »Wir werden der Universität nun eine Frist setzen, um auf unser Schreiben von Anfang Januar zu reagieren«, so Rupp. Es sei unmöglich, dass hier nicht zeitnah geantwortet und Stellung bezogen werde, vor allem für jene, die damit in der Luft hängen, wenn es um ein Ausbildungs- oder Arbeitsverbot gehe. Schließlich sei es auch erst dann möglich, weitere rechtliche Schritte zu gehen.
Rückendeckung bekommt Bruckdorfer indes von der bayerischen Linken, deren Landessprecher Martin Bauhof gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte, dass man bereits in ähnlichen Fällen erfolgreich gegen Kündigungen vorgegangen sei. Der Kovorsitzende der Bundespartei, Jan van Aken, zog auf der Plattform X eine Verbindung zu den gemeinsamen Abstimmungen der Union mit der AfD vergangene Woche im Bundestag, wo alle CSU-Abgeordneten mitstimmten. »Mit den Nazis im Bundestag paktieren und Linken Berufsverbot verpassen«, zeigte sich van Aken empört.
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