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Aus: Ausgabe vom 07.02.2025, Seite 15 / Feminismus
Kolumbien

Fortschritt nur durch Frauen

Kolumbien: Ein Projekt für wirtschaftliche Unabhängigkeit, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit
Von Sara Meyer, Bogotá
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In Santander de Quilichao gibt es auch eine starke Präsenz des linken Pacto Historico von Präsident Gustavo Petro (14.5.2022)

Im kolumbianischen Dorf Santander de Quilichao engagiert sich Sandra Aguilar für die Stärkung von Frauenrechten und für wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die afrokolumbianische Aktivistin ist überzeugt, dass die Welt ein besserer Ort wird, wenn Frauen ihre Eigenständigkeit im Einklang mit der Umwelt und sozialer Gerechtigkeit anstreben. Diese Vision wird durch das Projekt »Mujeres cambiando el mundo« (Frauen verändern die Welt) unterstützt, das von der UNO und Deutschland finanziert wird. Seit vergangenem Jahr profitieren 14 ländliche Gemeinden in ganz Kolumbien von der Initiative. Die Teilnehmerinnen – insgesamt 743, darunter viele indigene und afrokolumbianische Frauen – setzen ihre eigenen Ideen um. Aguilar betont, dass das Projekt nicht nur die Frauen erreicht, sondern auch ihre Familien und Kinder.

Im Norden der von Gewalt gebeutelten Region Cauca im Westen Kolumbiens bewirtschaften die teilnehmenden Frauen gemeinsam von der Gemeinde bereitgestellte Grundstücke. Dort bauen sie unter anderem Maracujas, Bohnen und Tomaten an – sowohl für den Eigenbedarf als auch für den Verkauf. Ebenso halten sie Schweine und Hühner. Zusätzlich stellen sie Taschen aus recyceltem Material her. Aguilar erklärt, dass das Projekt nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg abzielt, sondern auch das Selbstbewusstsein stärkt. Sie beschreibt es als eine »Stunde des Erwachens« für Frauen in Kolumbien, die oft unterdrückt werden und besonders stark von den Folgen des bewaffneten Konflikts betroffen sind.

Die Initiative bietet den Frauen nicht nur wirtschaftliche Perspektiven, sondern auch Raum für Austausch und gegenseitige Unterstützung. Aguilar berichtet, dass die Treffen helfen, Erfahrungen zu teilen und Selbstvertrauen zu gewinnen. Sie beschreibt die Zusammenkünfte als »Schutzräume«, in denen Frauen Unterstützung finden. Darüber hinaus fördert das Projekt die politische Teilhabe. Aguilar selbst hat erfahren, wie schwierig es sein kann, als junge Afrokolumbianerin in politischen Diskussionen Gehör zu finden. Sie berichtet, dass ihr oft das Wort verboten wurde, weil sie als Frau und Aktivistin nicht ernst genommen wurde. Projekte wie dieses schaffen jedoch Möglichkeiten, weibliche Führungspersönlichkeiten zu stärken.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Projekts ist die Verbindung zur Natur. Jede Teilnehmerin pflegt zum Beispiel eine medizinische Pflanze und eignet sich Wissen über deren Heilkräfte an. Dieser Ansatz soll die Frauen dazu ermutigen, die Ressourcen ihrer Umgebung zu nutzen und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Das Projekt bietet auch psychosoziale Unterstützung, um den Frauen zu helfen, die Traumata des bewaffneten Konflikts zu verarbeiten. Aguilar berichtet, dass viele Frauen während der Treffen ihre Emotionen ausdrücken und sich erleichtert fühlten. »Wenn Frauen sagen: ›Danke, endlich konnte ich abschalten‹, wissen wir, dass wir etwas erreicht haben«, erklärt sie. Das Projekt wird in den Gemeinden gut angenommen und hat in kurzer Zeit positive Veränderungen bewirkt. Die Frauen lernen voneinander, wie sie landwirtschaftliche Erträge steigern und Produkte erfolgreich verkaufen können. Aguilar sieht in dem entstandenen Netzwerk eine wichtige Stütze, die Frauen auffängt, wenn sie Hilfe benötigen.

Dennoch bleiben Probleme. Aguilar weist darauf hin, dass es in der kolumbianischen Gesellschaft oft Widerstand gegen politisch aktive Frauen gibt. »In dem Kontext, in dem wir leben, gefällt es vielen nicht, dass Frauen Führungspositionen übernehmen«, sagt sie. Dennoch ist sie überzeugt, dass Projekte wie »Mujeres cambiando el mundo« entscheidend sind, um Frauen eine gerechte Zukunft zu ermöglichen. »Mädchen brauchen sichere Räume, in denen sie sich frei bewegen können, ohne Angst vor Gewalt oder bewaffneten Gruppen«, betont Aguilar. Das Projekt soll zeigen, wie gemeinschaftliche Ansätze und die Förderung von Frauenrechten zu nachhaltigen Veränderungen führen – nicht nur für die Teilnehmerinnen, sondern für ganze Gemeinschaften.

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