Schleichend in die Souveränität
Von Thomas Berger![12-13.jpg](/img/450/205198.jpg)
Viele Menschen im fernen Mitteleuropa wissen mit dem Namen Bougainville eher wenig anzufangen. Dabei wäre es nicht verkehrt, sich für die 8.800 Quadratkilometer große Insel im Südpazifik zu interessieren – denn mutmaßlich 2027, in nur zwei Jahren, könnte Bougainville zum jüngsten Staat der Erde werden. Zumindest, wenn in der heute noch zu Papua-Neuguinea (PNG) gehörenden autonomen Provinz alles nach Plan verläuft. Für die rund 350.000 Menschen, die auf der namensgebenden Hauptinsel, dem nördlich anschließenden, rund 500 Quadratkilometer umfassenden Buka Island und einigen kleineren Eilanden leben, die geographisch mehr den benachbarten Salomonen zugehörig sind, ginge damit ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Immerhin hatten sich beim Referendum, das vom 23. November bis 7. Dezember 2019 stattfand, fast 98 Prozent für die Unabhängigkeit ausgesprochen. Noch sind aber einige Hürden zu nehmen, bevor die Liste der eigenständigen Nationen um einen weiteren Namen ergänzt werden kann.
Deutlicher hätte das Ergebnis der Volksabstimmung über die Zukunft der Inselgruppe kaum ausfallen können: 176.928 von 181.067 Wahlberechtigten hatten sich beteiligt und nur 3.043 Inselbewohner sprachen sich für die Option aus, lediglich ein erweitertes Maß an Autonomie gewährt zu bekommen. Der überwiegende Teil – stolze 97,7 Prozent – war für die Eigenstaatlichkeit. Mit diesen Zahlen, die Bertie Ahern, Vorsitzender der Referendumskommission, am 12. Dezember 2019 nach der Auszählung in der vollbesetzten Hutjena Hall der Regionalhauptstadt Buka öffentlich verkündete, wurde Geschichte geschrieben.
»Ich denke, der aktuelle Erfolg des Referendums hat deutlich gezeigt, dass die Einwohner von Bougainville sich mit diesem erfolgreichen Resultat nun psychologisch befreit fühlen. Wir sind befreit – wenngleich Straßen, Brücken, Krankenhäuser und auch unsere Schulen in keinem guten Zustand sind, fühlen wir uns psychologisch befreit, und das ist bedeutsam«, äußerte sich damals John Momis, der Präsident der Autonomieregierung.
Mit seinem Appell, der erklärte Wille so vieler Menschen dürfe nicht ignoriert werden, warnte Momis vorab all jene, die nun versuchen würden, den Prozess zur konkreten Umsetzung dieses Ziels weiter zu verschleppen. Und an denen besteht in der Politik Papua-Neuguineas durchaus kein Mangel. Zwar haben in den fünf Jahren seit dem Referendum weitere Schritte stattgefunden, doch in Port Moresby stehen einige aus der politischen Führungsriege nach wie vor spürbar auf der Bremse. Einen konkreten Termin, wann die Unabhängigkeit offiziell wirksam werden soll, gibt es bis heute nicht.
Kleine Schritte
Immer noch steht das Votum des Parlaments von Papua-Neuguinea zur formellen Anerkennung des Referendums aus. Strittig ist, ob dafür eine einfache Mehrheit der anwesenden Abgeordneten reichen würde oder mehr als die Hälfte aller Mitglieder des hohen Hauses zustimmen muss. Die bislang fehlende Ratifizierung durch das Parlament ist die größte Hürde, die noch zu nehmen ist. Im vergangenen Oktober wurde Sir Jerry Mateparae als Vermittler ernannt. Der frühere neuseeländische Generalgouverneur, der früher schon Leiter der internationalen Friedensmission auf Bougainville war und recht gut mit der dortigen Lage vertraut ist, soll dabei helfen, einen Ausweg aus der Krise zu finden. Er zeigte sich zwar zuversichtlich, eine Einigung zwischen beiden Seiten erzielen zu können, doch eine Erfolgsmeldung hat es bislang nicht gegeben.
Ungeachtet dieses Problems versucht die Autonomieregierung, auf anderen Ebenen beim Nation-Building voranzukommen. Seit September drängt Bougainville darauf, einen Beobachterstatus bei der »Melanesian Spearhead Group« zu erhalten. Dem 2007 gegründeten Regionalbündnis gehören bislang Fidschi, Papua-Neuguinea, die Salomonen und Vanuatu an sowie stellvertretend für Neukaledonien die Sammlungsbewegung Kanakische und sozialistische nationale Befreiungsfront (FLNKS), die als Dach verschiedener Gruppen von Unabhängigkeitsbefürwortern die Eigenständigkeit des französischen Überseegebietes anstrebt.
Bereits Mitte 2024 hatte der Präsident der Autonomieregierung Bougainvilles, Ishmael Toroama, ein »External Relations Directorate« als Vorstufe eines Außenministeriums gegründet. Der Behörde steht Albert Punghau als Leiter vor. Bedeutsamer war in diesem Zusammenhang aber die Ernennung des politischen Schwergewichts James Tanis zum »internationalen Legaten«. Tanis war von 2008 bis 2010 der zweite Präsident der Insel und soll nun rund um den Globus wichtige Kontakte knüpfen.
Ökonomische Basis
Bereits im September 2023 hatte sich die Autonomieregierung auf der Suche nach ausländischen Investoren an die USA, China, Japan, Australien und Neuseeland gewandt. Dass es dabei neben den letzten politischen Weichenstellungen auch um ein ökonomisch tragfähiges Fundament gehe, bekräftigte Toroama gut ein Jahr später, im Oktober 2024: »Wir legen die Basis für Bougainvilles Zukunft als souveräne, unabhängige Nation – eine Zukunft, von der Generationen geträumt, für sie gekämpft und ihr Blut vergossen haben«, zitierte der Pazifikservice von Radio New Zealand (RNZ) den früheren Kommandeur der Bougainville Revolutionary Army (BRA).
Mitte Dezember betonte Toroama bei der PNG Investment Week Conference im australischen Sydney, einer alljährlichen Veranstaltung der nationalen Handelskammer Papua-Neuguineas mit über 2.000 Teilnehmenden, erneut, man sei »offen für Geschäftsbeziehungen«. Mit den Worten »Kommen Sie nach Bougainville und seien Sie Teil unserer Reise«, lud Toroama die Vertreter zahlreicher australischer Unternehmen ein. Insbesondere geht es um den Bergbausektor, der auf der Insel schon mal eine wichtige Rolle spielte und von den Staatslenkern in spe als tragende Säule der künftigen Wirtschaftspolitik beworben wird.
Kolonie und Krieg
Um zu verstehen, welche Entbehrungen und Traumata dem Ringen um die Loslösung Bougainvilles von PNG zugrunde liegen, muss man tiefer in die Vergangenheit eintauchen. Es war ein französischer Offizier, Louis-Antoine de Bougainville (1729–1811), auf den der Name der Insel zurückgeht. Der Mann, der im kanadischen Quebec gegen die Briten gekämpft und 1764 mit der Etablierung eines Vorpostens die Falklandinseln für Frankreich zu kolonisieren versucht hatte, brach 1766 zu einer dreijährigen Weltumseglung auf, in deren Verlauf er Tahiti für die französische Krone in Besitz nahm, die Neuen Hebriden und die Salomonen »entdeckte« und beinahe vor James Cook als erster Europäer seinen Fuß auf den Boden der australischen Ostküste gesetzt hätte.
Später, im ausgehenden 19. Jahrhundert, richteten sich die Begehrlichkeiten der Kolonialmächte auch auf den zuvor weniger im Fokus stehenden Südpazifik. Bougainville und seine Nachbarinseln wurden gemeinsam mit dem Bismarckarchipel und Teilen des festländischen PNG (damals benannt als Kaiser-Wilhelm-Land) dem kurzzeitigen deutschen Hoheitsgebiet Deutsch-Neuguinea einverleibt. Nach der Niederlage des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg fiel PNG unter australische Kontrolle und wurde erst 1975 eigenständig. Dabei verblieb auch das geographisch und kulturell eher mit den Salomonen verbundene Bougainville im neuen Staatsverband.
Der schon erwähnte John Momis, Bougainvilles Präsident von 2010 bis 2020, gehörte bereits als Mitglied des ersten Parlaments vor der Unabhängigkeit zu den Autoren der Verfassung Papua-Neuguineas, die 1975 in Kraft trat. Unter dem mehrfachen Premierminister Sir Michael Somare und dessen Nachfolgern wirkte er bis 1982 als Minister für Dezentralisierung. Er setzte sich schon damals für mindestens eine weitgehende Autonomie seiner Heimatregion – seinerzeit von PNG noch als Nord-Salomonen bezeichnet – ein.
Über Jahrzehnte sollte der ehemalige katholische Priester Momis eine tragende Rolle im schwierigen Mit- und Gegeneinander der Zentralregierung und der widerspenstigen Insel spielen. Er selbst stammt aus Südbougainville, das immer als besonders »aufsässig« galt. 1999 wurde er zum Gouverneur ernannt und unterlag bei der ersten Präsidentschaftswahl 2005. Diese gewann der nach nur drei Jahren im Amt verstorbene Joseph Kabui. Momis hatte jedoch im zweiten Versuch 2010 Erfolg und sicherte sich auch fünf Jahre später die Wiederwahl.
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Blutig wurde der schon seit den 1970ern schwelende Konflikt zwischen Port Moresby und den sezessionistischen Kräften mit dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1988–1998), den Momis später als »größte Gewalteskalation im Südpazifik seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges« bezeichnete. Bis heute ist unklar, wie viele Opfer er tatsächlich gefordert hat – seriöse Schätzungen gehen von 15.000 bis 20.000 Toten aus. Allein die BRA verlor die Hälfte ihrer damals etwa 2.000 Kämpfer, die den von der Zentralregierung entsandten Soldaten anfangs mit Pfeil und Bogen gegenübertraten und erst später erbeutete moderne Schusswaffen einsetzten. Auf Seiten der Armee von PNG und verbündeter Milizen starben wohl etwa 300 Menschen. Den höchsten Blutzoll hatte die Zivilbevölkerung zu zahlen, von der immer größere Teile mit den Aufständischen sympathisierten – und damit ebenfalls zur Zielscheibe des von Australien unterstützten Militärs wurden.
Rigorose Ausbeutung
Unmittelbar entzündet hatte sich die gewaltsame Eskalation an der Pangunamine. Bereits in den 1960ern sicherte sich der australisch-britische Bergbaugigant Rio Tinto die riesigen Gold- und Kupfervorkommen auf Bougainville. Der seinerzeit größte offene Tagebau der Welt begann mit der Förderung bereits 1972, drei Jahre vor der Unabhängigkeit des Landes. An der Betreiberfirma Bougainville Copper Limited (BCL) hielt der junge Staat später nur einen Minderheitsanteil von schlappen 20 Prozent. Die rigorose Ausbeutung der Lagerstätte durch australische Konzerne hinterließ eine regelrechte Mondlandschaft und sorgte für enorme Umweltschäden.
Gegen den ab 1988 zunehmenden lokalen Widerstand, der sich primär auf die Pangunamine und ihre Auswirkungen bezog, schickte die Zentralregierung Einheiten von Soldaten, was die Lage aber nicht befrieden konnte, sondern zum Ausbruch der Kämpfe im größeren Stil führte. Francis Ona (1953–2005), der erst als Vermesser, dann als Fahrer eines der riesigen Lastwagen mehr als zehn Jahre selbst in Diensten der BCL stand, ging mit Verbündeten zu Sabotageakten gegen den Minenbetreiber über und gründete 1989 die BRA, der er als Oberkommandierender vorstand. Bereits im Folgejahr riefen die Rebellen einseitig die Unabhängigkeit aus und erklärten Ona zum Herrscher der Insel.
Zwar ließen sich die Separatisten, zu deren wichtigsten Anführern auch die späteren Inselpräsidenten Kabui (der aber schließlich mit der BRA brach) und Toroama gehörten, 1998 auf ein Ende der Kämpfe ein. Ona verweigerte aber eine komplette Entwaffnung der Truppe, die nach seinem Tod in mehrere Fraktionen zerfiel. Mit dem formellen Friedensabkommen wurde 2001 festgeschrieben, dass spätestens 2020 ein endgültiges Unabhängigkeitsreferendum stattzufinden habe. Eine klare Aussage, wie schnell ein positives Votum dann umzusetzen sei, fehlte jedoch.
Kupferschatz
Ende der 1980er Jahre stellte die Pangunamine den Betrieb ein, doch die Umweltbelastungen dauern bis heute an. 2016 zog sich Rio Tinto aus der BCL zurück, an der die PNG-Zentralregierung und die Autonomieverwaltung nun jeweils 36,4 Prozent halten. Experten schätzten 2020, dass eine Wiederaufnahme der Förderung in vollem Umfang etwa sieben bis acht Jahre dauern würde, so das Bergbau-Branchenportal Mining.com in einem Beitrag von Februar 2024. Zudem brauche es Investitionen in einer Größenordnung von fünf bis sechs Milliarden US-Dollar. Dafür liegen aber immer noch einige Schätze im Boden, und dabei sind die 19,3 Millionen Unzen Gold in den gemischten Erzvorkommen nur eine Beigabe. Weitaus bedeutsamer ist angesichts des wachsenden globalen Bedarfs der Rohstoff Kupfer, von dem in Panguna noch 5,3 Millionen Tonnen vermutet werden.
2018 war BCL eine weitere Erkundung der lokalen Vorkommen in Zentralbougainville noch verwehrt worden. Am 2. Februar 2024 dann die Kehrtwende: Feierlich wurde der Konzernspitze in Buka von Ishmael Toroama die Genehmigung, die Mine für eine Zeitspanne von fünf Jahren betreiben zu dürfen, überreicht. »Panguna verspricht, ein transformatives Investment für Bougainville zu werden, das ein größeres Level an wirtschaftlicher Selbstbestimmung für die Region bedeutet«, äußerte Sir Melchior Togolo, der BCL-Konzernchef, laut einer Meldung auf der Firmenwebseite. Offen ist, ob eine erneute Förderung mit größerem Respekt für die lokale Bevölkerung und unter Einhaltung von strengen Umweltauflagen erfolgen würde und welche Mittel die Regierung eines unabhängigen Bougainville hätte, dies effektiv durchzusetzen.
Angesichts der Vorgeschichte sind die Menschen auf der Insel eher skeptisch, was allzu euphorische Verlautbarungen betrifft. Dennoch meldete Bougainville News am 24. November 2024, dass 300 Landeigentümer mit der Firma einen Vertrag über die Zugangsberechtigung für das Explorationsteam unterzeichnet haben. Der Inselpräsident, der in Personalunion auch das Bergbauministerium leitet, wertete es als sichtbaren Erfolg des neuen Ansatzes eines umfassenden Konsultationsprozesses, dass es zwischen der Lizenzvergabe seiner Regierung an BCL und der Vereinbarung Ende November fast zehn Monate gedauert habe, in denen umfassend alle offenen Fragen gemeinsam abgearbeitet worden seien.
Nicht nur BCL will die Pangunamine wieder in Betrieb bringen. Auf einer Fläche von 260 Quadratkilometern in der Nachbarschaft laufen schon Vorerkundungen für ein weiteres Bergbauprojekt in der Isina-Region. Akteur ist dort die »Isina Resource Holdings«, bei der ein etwas anderer Ansatz verfolgt wird, wie in einem Interview mit RNZ-Pazifik am 12. Dezember deutlich wurde, denn es handelt sich um eine Unternehmensgründung lokaler Landeigentümer. Da ihnen aber das Kapital für den Aufbau einer Förderung fehlt, wird sich zur Betriebsgründung die kanadische Bergbaufirma »Island Passage Exploration« (IPX) mit einem 70-Prozent-Anteil einkaufen.
Um Umweltschutzaspekte geht es derweil auch an einer anderen Front: In der ersten Novemberhälfte haben die Organisation »Sea Shepherd« und die Autonomieregierung Bougainvilles eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding/MoU) unterzeichnet, um wirksamer gegen den illegalen Fischfang vorzugehen. Vertreter der Polizei und des Departments für Meeresressourcen sind dabei an Bord des »Sea Shepherd«-Schiffes »Allankay«, um Fischereiboote zu inspizieren, die unberechtigt in regionalen Gewässern unterwegs sind. Bougainville hat eine lange Küstenzone, die einheimische Fischerei ist eine der wichtigsten Säulen der Inselwirtschaft.
Mit der fast 55 Meter langen »Allankay« ist zwar auch nicht immer überall eine Kontrolle möglich, in einem künftig eigenständigen Land ohne umfassende Küstenwache sind aber auch solche Patrouillenfahrten ein Fortschritt. Im vorigen Jahr war das Schiff der Umweltorganisation schon in gleicher Weise beim regionalen Nachbarn Tuvalu im Einsatz. »Dieses MoU markiert einen großen Schritt in unserer Reise in Richtung Unabhängigkeit – mit Sea Shepherd als ein wichtiger Partner, um unsere Gewässer zu schützen«, freute sich Präsident Toroama nicht nur über die konkrete Unterstützung, sondern auch über die politische Signalwirkung.
Verfassungsfragen
Ungeachtet der Hängepartie mit der noch ausstehenden Abstimmung in Papua-Neuguineas Parlament hat Bougainville auch mit einem verfassungsgebenden Prozess begonnen. Der erste Entwurf wurde im vergangenen Mai durch die 2022 gebildete Bougainville Constitutional Planning Commission (BCPC) vorgelegt. Wie das Portal Constitutionnet.org in einer Analyse anmerkt, hat sich das Autorenteam bei dem Papier mit Anleihen nicht nur beim Friedensabkommen von 2001, der Verfassung Papua-Neuguineas und dem Grundgesetz der bisherigen Autonomieregierung bedient, sondern auch Vorbilder wie Kenia oder Fidschis neue Verfassung von 2012 als Quelle bemüht. Als Lehre aus der Geschichte rund um die Pangunamine wären dem Schutz der Umwelt bei Bergbauprojekten und der obligatorischen Einbindung der Landeigentümer künftig explizit Verfassungsrang eingeräumt. Und dies gelte nicht nur bei Start eines Projekts, sondern über die gesamte Laufzeit. Die Passagen in Kapitel 4 des Entwurfs zu Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten seien »im Kontext vergleichender Verfassungsrechtlichkeit fortschrittlich und bieten breiten Ansatz für eine Durchsetzung«, urteilt Constitutionnet.org.
Hervorgehoben werden auch andere Artikel, die etwa Machtmissbrauch, Korruption und anderem Fehlverhalten hoher Funktionsträger vorbeugen sollen. Was nun als Entwurf vorliege, sei bereits das Ergebnis eines umfangreichen Konsultationsprozesses, würdigte auch das »Melbourne Forum on Constitution-Building«: Nicht nur sei bereits die BCPC breit aufgestellt, indem man auf die Einbeziehung von Frauen, Kirchen, der Jugend, indigenen Gruppen und Vertretern der früheren separatistischen Gruppierungen aus dem Bürgerkrieg geachtet habe. Es habe zudem in vier Teams in Nord-, Süd- und Zentralbougainville sowie mit im Ausland lebenden Bürgern des künftigen Staates regen Austausch zum Inhalt gegeben. Bei einer diesbezüglichen Veranstaltung im australischen Brisbane war Präsident Toroama, der auch Vorsitzender der Kommission ist, dabei. »Die Wünsche und Erwartungen der Gesellschaft« hätten auf diese Weise Eingang in die einzelnen Artikel gefunden, attestiert das Melbourne Forum.
Die Vorbereitungen für die Staatsgründung scheinen auf recht gutem Weg zu sein, allerdings lauern Stolpersteine und Fallstricke – gerade bezüglich der Herausforderung, wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Bisher lebt Bougainville vor allem von Transferzahlungen der PNG-Zentralregierung, die sich wiederum auf bedeutende Beihilfen Australiens und Neuseelands stützt. Der Human Development Index (HDI) der Autonomen Region Bougainville liegt laut Berechnungen von 2022 mit 0,607 zwar knapp über dem nationalen Durchschnittswert von PNG mit 0,568. Dennoch ist Armut auf den Inseln weit verbreitet. Und ob sich Rio Tinto, das eine Studie zu den Belastungen der alten Pangunamine finanziert hatte, deren Ergebnis seit Anfang Dezember vorliegt, nun weiter mit Entschädigungen für Betroffene engagiere, bleibe abzuwarten, sagte Theonila Roka Matbob. Die lokale Abgeordnete, in deren Wahlkreis Panguna liegt, gab sich in einem Interview mit Don Wiseman, Chefreporter von RNZ-Pazifik, eher skeptisch.
Thomas Berger schrieb an dieser Stelle zuletzt am 12. Dezember 2024 über die Spätfolgen des Uranbergbaus und der Atomtests der 1950er Jahre in Australien.
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