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Aus: Ausgabe vom 10.02.2025, Seite 16 / Sport
Eishockey

Bleib doch noch ein bisschen

Eishocky: Als Interimstrainer führt Don Jackson die Münchner in der DEL derzeit von Sieg zu Sieg
Von Andreas Müller
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Er kann es noch: Don Jackson (M.) coacht EHC RB München (31.1.2025)

Wer weiß, ob Don Jackson ohne den großen Krach vor zwanzig Jahren in der National Hockey League (NHL) jemals über den »großen Teich« gewechselt wäre. Der Streit zwischen Franchisebesitzern und Spielergewerkschaft über die Einführung eines Salary Cap, also um die Deckelung der Personalbudgets für die Teams, hatte im nordamerikanischen Profieishockey seinerzeit einen langen Streik ausgelöst und schließlich zum Abbruch der kompletten Saison 2004/2005 geführt. Ein Glücksfall für die Deutsche Eishockeyliga (DEL): Trainer Jackson heuerte wegen des »Lockouts« bei den Berliner Eisbären an, als Assistent von deren Cheftrainer Pierre Pagé, einem früheren Weggefährten aus gemeinsamen NHL-Tagen bei den Quebec Nor­diques. Prompt gewann er in der »Nebenrolle« seine erste deutsche Meisterschaft. Zwei Jahre später kehrte Jackson zu den Hauptstädtern zurück, nun als Chef an der Bande. Er blieb es bis 2013 und verzückte die Fans, die dort mitunter immer noch »Dynamo, Dynamo« skandieren und die alte DDR-Klubfahne schwenken, in seiner Amtszeit an der Spree mit gleich fünf Meisterschaften: 2008, 2009, 2011, 2012 und 2013.

Für diese Leistung sollte der inzwischen 68jährige noch einmal gebührend gefeiert werden. Längst war die Ehrung vorbereitet, am 23. Januar sollte es soweit sein. Was die Eisbären nicht vorhersehen konnten: Don Jackson kreuzte an diesem Tag als Trainer des EHC Red Bull München an seiner alten Wirkungsstätte auf – und entführte in der DEL-Partie mit einem 3:2-Auswärtssieg nach Verlängerung auch noch zwei Punkte. Den Bayern hatte er wenige Stunden vorher zugesagt, bis zum Saisonende interimistisch für Max Kaltenhauser einzuspringen, der aus persönlichen Gründen zurückgetreten war.

Eine bessere Übergangslösung hätten die Münchner nicht finden können. Don Jackson brachte es zwischen 1974 und 1987 auf insgesamt 368 Einsätze in der NHL und gewann mit den Edmonton Oilers an der Seite des großen Wayne Gretzky zweimal den Stanley Cup. Anschließend arbeitete er als Trainer in der NHL in Quebec, Pittsburgh, Chicago und Ottawa – immer als einer von mehreren, nie als Chef. Das glückte ihm erst in seiner neuen beruflichen Heimat. Nach seiner Berliner Ära ging es gen Süden, von 2014 bis 2023 war er Headcoach in München. 2016, 2017 und 2018 holte Jackson den Meistertitel und noch ein Championat bei seinem Abschied 2023. Es gibt in der DEL-Geschichte keinen anderen Trainer, der mit seinen Teams so oft triumphiert hat.

Der Erfolg scheint auch jetzt sein treuer Begleiter, denn seitdem Jackson wieder das Sagen hat, feierten die Münchner ausschließlich Siege: dem Triumph in Berlin folgte ein 4:1 bei den Wolfsburger Grizzlys, ein 3:2 bei den Kölner Haien, ein 3:1 zu Hause gegen Vizemeister Bremerhaven und ein 2:1 in Düsseldorf. Vor dem nächsten Match am 13. Februar gegen die Schwenninger Wild Wings rangiert die mit Auswahlcracks wie Patrick Hager, Yasin Ehliz, Maximilian Kastner oder Nationalkeeper Mathias Niederberger gespickte Truppe schon auf Rang vier, punktgleich mit den Mannheimer Adlern.

»Wir wollen das Spiel bestimmen und den Gegner durchgehend unter Druck setzen. Es muss offensiv und defensiv passen«, hatte Jackson beim Comeback seinen Anspruch formuliert. Plötzlich läuft’s nach einer bis dato eher durchwachsenen Saison. Bereits im Oktober hatte die Unstetigkeit des Teams den früheren Bundestrainer Toni Söderholm den Job gekostet, Max Kaltenhauser wurde befördert. Mit der fulminanten Rückkehr von Jackson als Cheftrainer Nummer drei in der laufenden Saison haben sich die Münchner neun Spieltage vor dem Ende der DEL-Hauptrunde und dem Beginn der Play-offs Anfang März sogar in den Kreis der Titelaspiranten katapultiert.

Ein Happyend scheint sich anzubahnen in dieser für den Klub besonderen Spielzeit. Seit Saisonbeginn haben die DEL-Profis und die Bundesligabasketballer im neuen und geschätzt 150 Millionen Euro teuren »SAP Garden« im Olympiapark ihr neues sportliches Zuhause gefunden. Bei Basketballspielen finden in der hochmodernen Arena bis zu 11.500 Zuschauer Platz, bei Eishockeymatches fast 10.800. Eine Investition in die Zukunft, auf Dauer sorgt nur sportlicher Erfolg für vollbesetzte Ränge. Auch unter diesem geschäftlichen Gesichtspunkt ist der Rückkehrer Don Jackson ein Glücksgriff. Vorletztes Jahr hatte er sich schon aus dem »operativen Geschäft« verabschiedet. Seither war er in der Position des »Head of Coaching Development« bei Red Bull als Trainerberater tätig. Vielleicht packt es ihn ja noch einmal – die Aussicht auf sein insgesamt zehntes Meisterstück könnte ein Anreiz sein, noch ein wenig länger an der Bande zu bleiben.

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