Feuerwetter in L. A.
Von Wolfgang Pomrehn
Nun ist es amtlich. Eine neue wissenschaftliche Studie des internationalen Forschungsverbundes »World Weather Attribution« hat bestätigt, dass der Klimawandel mitverantwortlich für die verheerenden Brände in Los Angeles war. In der Metropole im äußersten Südwesten der USA hatten seit dem 7. Januar wochenlang Großbrände gewütet und 29 Menschen getötet. Städtische Infrastruktur im Wert von 350 Milliarden US-Dollar wurde zerstört. Mehr als 16.000 Gebäude, meist Einfamilienhäuser, sind abgebrannt. Insgesamt belaufe sich der Schaden auf 385 Milliarden US-Dollar, schreiben die Los Angeles Daily News. Nach Angaben der kalifornischen Feuerschutzbehörde Cal Fire wurde bis Ende Januar eine Fläche von rund 232 Quadratkilometern, fast ein Viertel der Fläche Berlins, vernichtet.
Während fieberhaft nach den Ursachen für die Brände gesucht wird, ist auf jeden Fall klar, dass sie ohne die sehr ungewöhnlichen Wetterbedingungen niemals so verheerende Ausmaße hätten annehmen können. Normalerweise sind die Wintermonate in der Region im Süden des Bundesstaates Kalifornien sehr feucht. So war es auch in den beiden vorhergehenden Wintern gewesen, wodurch sich die Vegetation üppig entwickelt hatte. Doch dann blieb der Regen aus.
Kein Niederschlag
Nicht nur im Sommer – was normal gewesen wäre –, sondern auch im Herbst und in den ersten Wintermonaten, wie die Wetteraufzeichnungen des örtlichen Flughafens zeigen. Seit Mai 2024 hatte es in der Region so gut wie keinen Niederschlag gegeben. Am 27. Januar fiel dann seit vielen Monaten der erste nennenswerte Regen, und zwar gleich reichlich. Die 20 Liter pro Quadratmeter lösten kleine Erdrutsche aus, halfen den Feuerwehren aber, die Feuer endlich unter Kontrolle zu bekommen. Zugleich lösten sie jedoch auch Ängste aus, giftige Asche könnte durch abfließendes Regenwasser verteilt werden.
Zum trockenen Wetter, das die Vegetation ausgedörrt und damit für reichlich Brennmaterial gesorgt hatte, gesellten sich die orkanartige Santa-Ana-Winde, die aus sehr trockener, warmer Luft bestehen. »Feuerwetter« wird diese Konstellation in der Region genannt. Die Santa-Ana-Winde strömen in Herbst und Winter des öfteren von der Sierra Nevada im Osten herab, wenn über dem Great Basin westlich des Küstengebirges ein Hochdruckgebiet mit trockener kalter Luft liegt. Da die Lufttemperatur mit dem Luftdruck steigt, erwärmen sich die Winde, sobald sie ins Tal hinabfließen. Zugleich nimmt dadurch ihre relative Feuchtigkeit weiter ab, denn je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen.
So war es auch in diesem Jahr, nur dass die Umstände extremer als je zuvor ausfielen. In der erwähnten Studie hat ein internationales Team den sogenannten Feuerwetterindex untersucht, der meteorologische Informationen etwa zur Temperatur und Windgeschwindigkeit berücksichtigt, um die Wetterbedingungen zu charakterisieren, die Einfluss auf die Größe der Waldbrände haben können. Der Index war zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Brände am 7. und 8. Januar besonders hoch gewesen. Die Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss, dass entsprechende hohe Indexwerte in einer gegenüber der vorindustriellen Zeit um 1,3 Grad Celsius wärmeren Welt, wie wir sie inzwischen haben, alle 17 Jahre zu erwarten sind. Im Vergleich zum vorindustriellen Klima ist ihr Auftreten um 35 Prozent wahrscheinlicher. Die Intensität der extremen Feuerindexwerte hat dabei um sechs Prozent zugenommen. Diese Zunahme sei nicht linear, sondern habe sich in den vergangenen Jahrzehnten beschleunigt.
Alle elf Jahre
Außerdem werden Intensität und Auftrittswahrscheinlichkeit der extremen, Feuer begünstigenden Ereignisse in der Region mit der weiteren Erwärmung weiter zunehmen. Die Fachleute haben dafür mit elf verschiedenen Klimamodellen durchgerechnet, was zu erwarten ist, wenn die globale Durchschnittstemperatur zum Ende des Jahrhunderts auf 2,6 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau steigt. Beim derzeitigen, vollkommen unzureichenden Stand der internationalen Klimaschutzanstrengungen wäre das ein Mindestwert. Das Ergebnis: Besonders extreme Ereignisse wie in diesem Jahr würden noch einmal 35 Prozent wahrscheinlicher, könnten also – statistisch gesehen – nicht mehr nur alle 17, sondern alle elf Jahre auftreten.
Unabhängig davon wurde auch die Länge der Trockenzeit und die Wahrscheinlichkeit eines trockenen Herbstes untersucht, der eine wesentliche Vorbedingung für die jüngsten Feuer war. Heraus kam, dass ein trockener Herbst inzwischen 2,4mal wahrscheinlicher als zu vorindustriellen Zeiten ist. Zudem hat sich die durchschnittliche Länge der Trockenzeit durch den Klimawandel bereits um 23 Tage verlängert. Damit wird es auch wahrscheinlicher, dass die Santa-Ana-Winde auftreten, wenn es noch nicht geregnet hat. Eine Katastrophenrezeptur, wie die Brände im Januar gezeigt haben.
Eine andere Frage ist derweil, welche Auswirkungen das »Feuerwetter« hat und wie der Mensch darauf reagiert. Das Ausmaß der Brände hatte auch mit der wenig angepassten Holzbauweise zu tun und damit, dass trockene Pflanzen, altes Holz und ähnliches Brennmaterial nicht ausreichend aus dem Umkreis der Häuser entfernt worden waren. Außerdem hatte der Stadtrat den Etat der Feuerwehr gekürzt.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (11. Februar 2025 um 01:15 Uhr)Der Trump ist ja aus dem Übereinkommen von Paris ausgetreten, was soll in Zukunft in LA also noch schiefgehen? Und warum vor der (womöglich eigenen) Haustür kehren. Haben die keine Straßenkehrer und Müllwerker in LA? Und wozu Feuerwehr? Im Laufe der Zeit geht das Zeug doch von alleine aus. Ich versteh’ die Aufregung nicht.
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