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Aus: Ausgabe vom 12.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Transsahara-Gaspipeline

Volles Rohr aus Afrika

Pläne für Transport von fossilen Brennstoffen und »grünem« Wasserstoff vorangetrieben. Algerien spielt Schlüsselrolle
Von Jörg Tiedjen
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Länderübergreifende Energieintegration: Gasfeld in In Aménas, 1.600 Kilometer südöstlich von Algier

Es ist ein Mammutprojekt, das Afrika und Europa in der Energieversorgung näher zusammenbringen soll: die Transsahara-Gaspipeline (TSGP). Mit dem Ziel, eine neue Etappe bei der Verwirklichung dieses wichtigen Infrastrukturplans einzuleiten, fand am Dienstag in Algier das vierte Ministertreffen des Lenkungsausschusses statt, wie die Nachrichtenseite Afrik.com am gleichen Tag berichtete. Die Energie- und Ölminister der drei Partnerländer Algerien, Niger und Nigeria bekräftigten dabei ihr Engagement für dieses strategische Projekt, mit dem nigerianisches Gas über Niger und Algerien nach Europa transportiert werden soll.

Die Idee der Transsahara-Gaspipeline war in den 1970er Jahren entstanden, getragen von der Vision einer länderübergreifenden Energieintegration im Dienste der Entwicklung des Kontinents. Nach mehreren Jahrzehnten erfuhr das Projekt im Juli 2022 mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen den drei beteiligten Ländern die entscheidende Beschleunigung. Die riesige Pipeline mit einer Länge von 4.188 Kilometern wird 1.037 Kilometer durch Nigeria und 841 Kilometer quer durch Niger verlaufen und schließlich Algerien erreichen, wo ihre Länge 2.310 Kilometer bis zur Gasverteilungsanlage in Hassi R’Mel betragen wird. Mit einer Transportkapazität von 30 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr stellt diese Pipeline eine geschätzte Investition von 13 Milliarden US-Dollar dar.

Bei dem Treffen in Algier im Internationalen Konferenzzentrum Abdellatif-Rahal befassten sich die Experten aus den drei Ländern und Vertreter der nationalen Unternehmen Sonatrach, Sonidep und NNPC laut Afrik.com eingehend mit technischen, finanziellen und weiteren relevanten Aspekten des Projekts. Obwohl es hinsichtlich der Sicherheit in den durchquerten Gebieten und der Finanzierung weiterhin große Fragezeichen gibt, wollen die Beteiligten diese Hindernisse schleunigst überwinden.

Aufgrund seiner historischen Erfahrung mit der Maghreb-Europa-Gaspipeline (MEG) positioniert sich Algerien als Schlüsselakteur. Das Land entwickelt parallel dazu andere große Energieinitiativen, besonders den südlichen »H2-Korridor« für den Transport von erneuerbarem Wasserstoff nach Deutschland über Tunesien, Italien und Österreich sowie ein Drei-Milliarden-Dollar-Projekt zur Verbindung von Stromnetzen im Mittelmeerraum.

Parallel zur Transsahara-Pipeline gibt es ein zweites Projekt einer Gasröhre, die Nigeria und den Norden Afrikas verbinden soll. Deren Realisierung wird von Marokko vorangetrieben. Sie soll entlang der westafrikanischen Küste verlaufen. Nach marokkanischen Angaben steht auch dieses Vorhaben kurz vor seiner Umsetzung. Ihm werden allerdings aufgrund der Anzahl der zu beteiligenden Länder geringere Chancen zur Verwirklichung gegeben. Nicht zuletzt müsste die Pipeline an der Küste der von Marokko zum großen Teil besetzten Westsahara verlaufen, was völkerrechtlich ein Einverständnis von deren international anerkanntem Repräsentanten, der Befreiungsfront Polisario, voraussetzt. Mit dieser befindet sich Marokko allerdings seit wenigen Jahren wieder im Krieg.

Darüber hinaus wird allgemein gegen Gasprojekte wie die Transsahara-Pipeline eingewandt, dass angesichts der fortschreitenden Klimakatastrophe Investitionen in die Nutzung fossiler Brennstoffe unterlassen werden müssten. Die Einbindung von Ländern wie Algerien oder eben dessen verfeindetem Nachbarn Marokko in Projekte, bei denen es um erneuerbare Ressourcen oder die Produktion »grünen« Wasserstoffs geht, werden von fachkundigen Kritikern wie dem algerischen Aktivisten und Journalisten Hamza Hamouchene als Augenwischerei angesehen, um die Nutzung fossiler Brennstoffe unter der Hand weiter betreiben zu können, indem das benötigte H2 aus Erdgas gewonnen, Kohlendioxid eingelagert und das gewonnene Gas unter »grünen« Wasserstoff gemischt würde.

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