Klimainitiative scheitert an Propaganda
Von Kim Nowak
Die Absage war deutlich. Am Sonntag stimmten die Schweizer über eine Initiative der Jungen Grünen ab, die eine Wende in der Klimapolitik einleiten sollte. Denn die Folgen der Klimakatastrophe machen sich auch in der Alpenrepublik bemerkbar: Wie die gemeinnützige Stiftung Myclimate im Mai vergangenen Jahres schrieb, erlebt die Alpenrepublik einen drastischen Rückgang der Gletscher, vermehrte Hitzewellen und einen Rückgang der Biodiversität. Das Kontroverse daran: Die Jungen Grünen und ihre »Umweltverantwortungsinitative« legen eine deutlich kapitalismuskritische Argumentation an den Tag. Das scheint dann für die meisten Schweizer doch zu weit zu gehen. Das Ergebnis: 30,61 Prozent stimmten für, 69,84 Prozent gegen die Initiative.
Wirklich verwunderlich ist das nicht. Die Schweiz ist nach wie vor ein konservatives Land, in dem bürgerliche Kräfte die Mehrheit in den Parlamenten stellen. Umweltminister Albert Rösti von der rechten Schweizerischen Volkspartei (SVP) kommentierte laut SRF, dass eine Annahme der Initiative zu »empfindlichen Einschränkungen« geführt hätte. Neben einer Umsetzungsfrist von zehn Jahren macht er sich besonders um die Wirtschaft Sorgen: »Es war ein Nein zu einem radikal neuen Leben.« Und er verweist auf »Innovationen«, die auch in »Zukunft Fortschritte bringen« würden. Die Bedürfnisse der Menschen dürfe man nicht gegen die Wirtschaft ausspielen. »Wir schauen gut zur Natur, aber wir tun dies mit Umsicht«, so Rösti.
Doch wie radikal ist die Initiative wirklich? Die Klimakrise sei ein Resultat des »wachstums- und profitorientierten Wirtschaftssystems«. Und: »Großkonzerne setzen alles daran, ihre Profite zu maximieren.« Die Folgen würden auf die einfache Bevölkerung abgewälzt. Und als reiches Land habe die Schweiz eine besondere Verantwortung – besonders gegenüber dem globalen Süden. »Diese Länder haben nur wenig zu den Umweltkrisen beigetragen, sind jedoch besonders stark von deren negativen Auswirkungen betroffen«, so die Initiatoren. Die Verursacher müssten die Kosten dafür tragen.
Dass diese objektive Bestandsaufnahme mit den Forderungen den Reichen nicht schmeckt, ist keine Überraschung. Ein Grund für die Ablehnung liegt auch in deren Propaganda, dass ein »radikaler Wandel« den Konsum verteuern würde, besonders bei der Ernährung und dem Wohnen. Dass die Jungen Grünen gerade die einfache Bevölkerung nicht belasten wollen, sondern die Reichen zur Kasse bitten, wird natürlich unterschlagen. Entsprechend enttäuscht waren dann auch die Jungen Grünen und die Grünen selbst. Die Bevölkerung habe sich 2023 mit einem Ja zum Klimaschutzgesetz für eine Wende ausgesprochen: »Doch bloße Versprechungen reichen nicht aus«, so Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone. Das Tempo müsse erhöht werden. Georg Klingler, Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz, zeigt sich ebenfalls ernüchtert: »Die Probleme werden uns einholen, wenn wir uns nicht stärker engagieren.«
Zurückhaltend reagieren die Sozialdemokraten. In einem Beitrag auf der Plattform Bluesky schreiben sie, dass die Bevölkerung »falsche Lösungen für aktuelle klimapolitische Herausforderungen« gesehen hätte. Die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und die christdemokratische »Mitte« begrüßen die Ablehnung: Der »Wohlstand sei gefährdet« (Mitte), es sei eine »der extremsten Initiativen« gewesen (FDP); und die SVP schreibt in ihrer Mitteilung, das wäre »Armut für alle« gewesen.
Dass die Bürgerlichen und Wirtschaftsnahen zu solch propagandistischen Mitteln greifen, ist keine Überraschung. Ihre Existenz baut auf der Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt. Auch wenn die Initiative der Jungen Grünen mehrheitlich abgelehnt wurde, haben sie den Ball ins Rollen gebracht. Je deutlicher die Folgen der Klimakatastrophe auch in der Alpenrepublik bemerkbar werden, desto dringender ist ein weiterer Vorstoß.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Johannes U. aus Zürich (12. Februar 2025 um 14:48 Uhr)In jedem Artikel von Kim Nowak wird die Schweiz als »Alpenrepublik« bezeichnet. Es ist eine blöde Marotte; von »den Eidgenossen« und »der Alpenrepublik« redet man in der Schweiz so wenig wie in der BRD vom »grossen Kanton«.
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