Streisand des Tages: Max Uthoff
Von Felix Bartels
Eine Meinung hat jeder. Vorzugsweise seine eigene. Steckt schon im Namen, schließlich heißt Meinung nicht Deinung. Mit dieser Sorte Gag könnte ich mich übrigens als Autor bei der »Anstalt« bewerben, was jetzt als Überleitung, zugegeben, auch nicht besser ist als der Witz gerade.
Max Uthoff also, grob gerechnet seit Ende des Dreißigjährigen Kriegs das Gesicht des ZDF-Satireformats »Die Anstalt«, muss kurz vor der Bundestagswahl eine Runde aussetzen. Erst danach darf er wieder moderieren. Grund für die Suspendierung: Uthoff hat eine Meinung geäußert, genauer, auf zwei Social-Media-Kanälen von Die Linke eine Wahlempfehlung für die Partei gegeben. Die Richtlinien öffentlich-rechtlicher Sender sehen vor, dass »Image-prägende Bildschirmpersönlichkeiten« ab sechs Wochen vor der Wahl neutral zu bleiben haben.
Man darf am Sinn dieser Regelung zweifeln. Ausgerechnet der Macher einer Satiresendung soll keine Tendenz zeigen? Da Uthoff keine Nachrichten moderiert, ist er nicht der Meldung, sondern dem Urteil verpflichtet. Und wohin »Die Anstalt« weist, kann kein Geheimnis sein, anders als die benachbarte »Heute-Show« scheint sie nicht allein dem linksliberalen, sondern auch einem klassisch-linken Publikum verbunden. Medien beeinflussen unablässig, Neutralität wäre Illusion. Wer sich klar bekennt, kann beim Wort genommen werden, anders als versteckte er seine Tendenzen hinter einer false balance.
Vielleicht hat Uthoff eben damit kalkuliert. Seine Suspendierung verschafft einem leisen Statement den Streisand-Effekt. Als Strafe muss er eine Sendepause absitzen, vermutlich auf Hawaii bei Kalua Pork und kühlem Bier. Dieses grauenhafte Schicksal bleibt mir erspart. Da ich nicht öffentlich-rechtlich arbeite und auch sonst nur für mich spreche, kann ich folgenlos schreiben: Geht mal schön Die Linke wählen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (12. Februar 2025 um 23:54 Uhr)Hallo, Herr Bartels! Mir imponiert Ihre Sorte Gag viel guter als gedacht. In diesem Sinne hat mich meine Liebste vorhin ausgelacht, denn ich sagte, Liebste! Ich hab Knie und frag beim Nachbarn Horst, ob er uns mal 1, 2 Flaschen Cola light … So ist das Leben immer eben.
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Leserbrief von Hans Wiepert aus Berlin (12. Februar 2025 um 22:06 Uhr)Mit solch einer Wahlempfehlung wird brav dem neuen Rheinmetall-Aufsichtsrat Sigmar Gabriel gefolgt. Der wünscht sich auch lieber die pflegeleichte Linke als das unbequeme BSW. https://x.com/kritischeLinke/status/1881863530728828962
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Burkhard I. (12. Februar 2025 um 19:44 Uhr)Dem Rechtsgelehrten (und ehemaligen SPD-Reichsjustizminister) Gustav Radbruch wird das Wort zugeschrieben – so hab’ ich’s mal während des Studiums gelernt –, die »Neutralitätsmystik (sei) die Lebenslüge des Obrigkeitsstaates«. Wenn das so stimmt, wäre dem nichts hinzuzufügen. Oder? Burkhard I.
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