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Aus: Ausgabe vom 19.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Staatsverbrechen

Millionenbetrug mit Milei

Von Argentiniens Präsident beworbene Kryptowährung bricht kurz danach zusammen. Opposition spricht von Korruption
Von Frederic Schnatterer
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Gaunerei und Prellerei – oder: Ein Zocker als Regierungschef (Buenos Aires, 14.5.2023)

Es ist ein Millionenbetrug, mit dem argentinischen Präsidenten als mutmaßlichem Strippenzieher. Am Freitag abend warb Javier Milei auf der Internetplattform X für eine Kryptowährung, deren Wert nur wenige Stunden später in sich zusammenbrach. Noch am Sonntag reichten argentinische Anwälte vor einem Strafgericht Klage gegen den Staatschef ein. Die Opposition des südamerikanischen Landes wirft Milei Korruption vor und fordert seinen Rücktritt.

Auf X hatte Milei geschrieben: »Das liberale Argentinien wächst!!! Dieses private Projekt soll das Wachstum der argentinischen Wirtschaft fördern und kleine argentinische Unternehmen und Unternehmungen finanzieren. Die Welt will in Argentinien investieren.« Außerdem setzte er den Link zum Projekt, das den Namen »Viva La Libertad Project« trägt, sich also auf Mileis Slogan »Es lebe die Freiheit« bezieht. Dort konnte direkt in die Kryptowährung $ Libra investiert werden.

Auf X folgen dem argentinischen Präsidenten, der sich dort nur als »Ökonom« vorstellt, rund 3,8 Millionen Menschen. Innerhalb weniger Stunden nach Mileis Posting investierten Tausende in die vermeintliche Währung. Das Onlineportal El Diario AR zitierte noch am Freitag den Experten Santiago Siri mit der Schätzung, $ Libra habe innerhalb von nur vier Stunden eine Marktkapitalisierung von fast vier Milliarden US-Dollar erreicht.

Dass Mileis Tweet wesentlich für den Hype war, der zur Aufblähung der Kryptowährung führte, ist unbestreitbar. Alles deutet darauf hin, dass es sich bei $ Libra um ein sogenanntes Shitcoin handelte, also eine Kryptowährung, die einzig von Spekulationen abhängig ist. Mehrere Experten werfen den Entwicklern von $ Libra außerdem vor, gemäß der Masche des »Rug Pull« (Teppich ziehen, jW) vorgegangen zu sein. Metaphorisch bedeutet der Begriff, dass den Investoren schlagartig der Boden unter den Füßen weggezogen wird. So deuten die im Internet einsehbaren Handlungen auf eine koordinierte Aktion hin, bei der die Entwickler der Kryptowährung ihre Anteile abwarfen, sobald genug Geld in das Projekt geflossen war und die Zweifel an der Glaubhaftigkeit in die Währung immer größer wurden. Laut dem US-Unternehmen Kobbeissi Letter machten die ursprünglichen Investoren innerhalb weniger Stunden einen Gewinn von rund 87,34 Millionen Dollar.

So seien »mehr als 40.000 Personen« Schäden in Höhe von »bis zu 107 Millionen Dollar« zugefügt worden, heißt es in einer Anklage gegen Milei. Dem Präsidenten werfen sie vor, Teil einer »kriminellen Vereinigung« zu sein, die für den »größten Megabetrug unserer Geschichte« verantwortlich sei. Der hatte seinen Tweet nach wenigen Stunden wieder gelöscht und erklärt, er sei mit dem Projekt $ Libra »offensichtlich in keinster Weise verbunden«. »Die Einzelheiten des Projekts waren mir nicht bekannt, und nachdem ich mich darüber informiert hatte, beschloss ich, es nicht weiter zu verbreiten (deshalb habe ich den Tweet gelöscht).« Die Opposition bezeichnete er als »dreckige Ratten der politischen Kaste, die diese Situation ausnutzen wollen, um uns zu schaden«. Am Montag (Ortszeit) legte er im TV-Sender TN nach und behauptete, er habe »nicht dafür geworben, ich habe es verbreitet«.

Glauben mögen das derzeit nur wenige in Argentinien. Es ist belegt, dass Milei und seine engsten Mitarbeiter mit zweifelsohne an der Entwicklung von $Libra beteiligten Unternehmen in engem Kontakt standen. So mit der in Panama registrierten Techfirma Kip Protocol, die noch am Wochenende versuchte, sich aus der Schusslinie zu retten. Im vergangenen Oktober hatten sich Milei und der CEO von Kip Protocol, Julian Peh, in Buenos Aires getroffen. Wie das argentinische Präsidentenamt damals erklärte, habe Peh von seiner Idee berichtet, »ein Projekt namens ›Viva la Libertad‹ zu entwickeln, um private Unternehmen in Argentinien mit Hilfe der Blockchain-Technologie zu finanzieren«.

Hayden Mark Davis, dessen Unternehmen Kelsier Ventures für die technische Seite von $ Libra verantwortlich war, veröffentlichte am Sonnabend ein Video, in dem er Milei vorwarf, das Projekt entgegen vorheriger Aussagen frühzeitig fallengelassen zu haben. Es ist belegt, dass Davis am 30. Januar im Präsidentenpalast Casa Rosada empfangen worden war. In dem Video behauptete er außerdem, als »Berater« des argentinischen Präsidenten tätig zu sein.

Mileis Büro bestritt das am Sonntag in einem langen Statement. Darin heißt es zudem, Milei selbst habe die Antikorruptionsbehörde OA eingeschaltet, »um zu untersuchen, ob ein Mitglied der Regierung einschließlich des Präsidenten missbräuchlich gehandelt hat«. Der Witz: Die OA wird vom Präsidenten selbst kontrolliert.

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